Seide
Seide ist eine faszinierende Naturfaser, die aus den Kokons des Maulbeerspinners gewonnen wird. Bereits seit über 1.000 Jahren wird dieser Schmetterling in Ostasien gezüchtet, später auch in Südeuropa, um die edle Faser zu gewinnen. Mit ihrem charakteristischen Glanz, ihrer geschmeidigen Oberfläche und bemerkenswerten Robustheit verkörpert Seide seit Jahrhunderten Eleganz und höchste Qualität.
Das Haus der Seidenkultur in Krefeld bietet einen faszinierenden Einblick die Welt der Seide und in die reiche Textilgeschichte der Region. Besucher können die kunstvolle Tradition der Paramentenweberei erkunden, die einst in der renommierten Weberei Hubert Gotzes gepflegt wurde. Besonders bemerkenswert ist die Vielfalt der dort entstandenen Muster, die bis heute ein eindrucksvolles Zeugnis dieses kulturellen Erbes sind.
Ährenmuster
Das Ährenmuster ist ein traditionsreiches Symbol, das Kulturen und Jahrhunderte überdauert hat. Tief verwurzelt in der Landwirtschaft, steht die Ähre seit jeher für Fruchtbarkeit, reiche Ernten und Wohlstand – universelle Werte, die Mensch und Natur verbinden. Bereits in der Antike schmückte das Motiv Kunstwerke und Schmuck, doch erst im Mittelalter eroberte es die Textilkunst, wo es insbesondere in Europa ländliche Trachten und Heimtextilien zierte. In der religiösen Symbolik, vor allem im Christentum, erstrahlt die Ähre als Zeichen für göttliche Versorgung, das Brot des Lebens und die Auferstehung. Sie vereint Glauben, Gemeinschaft und spirituelles Wachstum. Auch in anderen Glaubensrichtungen, vom Hinduismus über das Judentum bis zur antiken Mythologie, trägt sie eine kraftvolle Botschaft von Fruchtbarkeit, Wohlstand und Erneuerung.
Arabeskenmuster
Das Arabeskenmuster, ein faszinierendes Zusammenspiel aus geometrischen und floralen Formen, hat seine Wurzeln in der islamischen Kunst des frühen Mittelalters und steht für die Idee von Unendlichkeit und göttlicher Harmonie. Ab dem 10. Jahrhundert prägte es die Webkunst in Regionen wie Persien, Ägypten und Andalusien, wo prachtvolle Stoffe entstanden, die sowohl ästhetisch als auch symbolisch die unendliche Schönheit der Schöpfung feierten. Über Handelsrouten gelangte dieses Erbe nach Europa und wurde ab dem 12. Jahrhundert als Zeichen göttlicher Ordnung und ewigen Lebens in der christlichen Symbolik aufgenommen. Doch die Bedeutung des Arabeskenmusters beschränkt sich nicht nur auf den Islam oder das Christentum – auch im Judentum, Hinduismus und Buddhismus steht es als Symbol für universelle Harmonie und die Verbindung des Göttlichen. Bis heute fasziniert dieses Muster als Symbol der zeitlosen Schönheit und spirituellen Tiefe.
Muster des heiligen St. Bernhard
Das Vorbild dieses Musters findet sich auf einer byzantinischen Seide des 12. Jahrhunderts. Eindrucksvoll zeigt es sich auf einer goldgelben seidenen Kasel aus dem Kloster Brauweiler, bekannt als die St.-Bernhard-Kasel. Der Überlieferung zufolge trug St. Bernhard von Clairvaux diese Kasel, als er 1147 im Kloster Brauweiler eine aufwühlende Predigt hielt, die die Gläubigen zum 2. Kreuzzug aufrief. Doch die Wurzeln dieses Motivs reichen noch weiter zurück – es ziert bereits den Einband eines Manuskripts aus dem 11. Jahrhundert. Ursprünglich in klösterlichen Werkstätten für liturgische Textilien geschaffen, verkörpert das Muster die spirituelle Reinheit und sakrale Würde, die sowohl Bernhards Lehren als auch die zisterziensische Klosterkultur prägen. Seine klare Ästhetik vereint die Strenge des Glaubens mit der kunstvollen Schönheit byzantinischer Handwerkskunst und macht es zu einem Sinnbild für die tiefe Verbindung von Spiritualität und künstlerischem Ausdruck.
Elefantenmuster
Das Elefantenmuster hat eine starke symbolische Bedeutung und ist in verschiedenen Kulturen tief verwurzelt, wo es mit Weisheit, Stärke und Glück assoziiert wird. Auch wenn es in der christlichen Symbolik eher selten vorkommt, steht es dort ebenfalls für diese Tugenden sowie für Heiligkeit und göttliche Macht. Im Archiv der historischen Paramentenweberei Hubert Gotzes befindet sich eine Mustervorlage mit dazugehörigen Patronen zu diesem Motiv. Diese basiert auf dem berühmten „Elefantenstoff“ aus dem Schrein Karls des Großen, einem der beeindruckendsten Zeugnisse der mittelalterlichen Kunst der Seidenweberei. Der Originalstoff wurde in Byzanz hergestellt, vermutlich für den kaiserlichen Hof, und gelangte als Geschenk in den Westen. Im Jahr 1000 ließ der deutsche Kaiser Otto III. das Grab Karls des Großen in Aachen öffnen und hüllte die sterblichen Überreste seines Vorgängers in diesen prachtvollen Stoff. So überstand der kostbare Seidenstoff die Jahrhunderte. Als der Schrein im 19. und 20. Jahrhundert erneut geöffnet wurde, dokumentierten Zeichnungen und Fotografien das beeindruckende Muster, das schließlich auch nach Krefeld gelangte. Das Originalmotiv des Stoffes misst etwa 80 cm im Durchmesser. In den Variationen des 20. Jahrhunderts wurde es jedoch auf etwa 30 cm reduziert. Auch die Anordnung der Elefanten hat sich verändert: Im Original stehen sich die Elefanten gegenüber und sind in einer strengen Reihenfolge übereinander angeordnet. Später variiert die Ausrichtung der Elefanten, es besteht keine strenge Ausrichtung mehr.
Gondelmuster
Das Muster "Gondel" vereint auf faszinierende Weise zwei markante, immer wiederkehrende Designelemente, die in einer harmonischen Reihenfolge angeordnet sind. Zum einen zeigt es eine Gondel, die von einem Jagdfalken mit Glöckchen gerudert wird, während ein Hund oder ein domestizierter Panther als Passagier mitfährt. Diese Gondel gleitet sanft über spiralförmige Wellen, auf denen drei Enten oder Schwäne ihren Weg ziehen. Im Hintergrund erhebt sich majestätisch ein Granatapfelbaum, dessen Krone sich elegant zu einer symmetrischen Palmette entfaltet. Diese Jagdszene ist ein typisches Beispiel für das italienische Lampas-Gewebe des 14. und frühen 15. Jahrhunderts. Hierbei handelt es sich um einen luxuriösen Stoff, oft aus Seide, der durch einen besonderen Jacquard-Webprozess mit doppeltem Gewebe entsteht und die kunstvolle Fertigung dieser Zeit widerspiegelt. Die Palmette aus dem Gondelmuster ist der Motivgeber für das Logo des Deutschen Textilmuseums Krefeld. Ein Fragment des originalen Rapports befindet sich im Besitz des Deutschen Textilmuseums (Krefeld).
Granatapfelmuster
Das Muster "Gondel" vereint auf faszinierende Weise zwei markante, immer wiederkehrende Designelemente, die in einer harmonischen Reihenfolge angeordnet sind. Zum einen zeigt es eine Gondel, die von einem Jagdfalken mit Glöckchen gerudert wird, während ein Hund oder ein domestizierter Panther als Passagier mitfährt. Diese Gondel gleitet sanft über spiralförmige Wellen, auf denen drei Enten oder Schwäne ihren Weg ziehen. Im Hintergrund erhebt sich majestätisch ein Granatapfelbaum, dessen Krone sich elegant zu einer symmetrischen Palmette entfaltet. Diese Jagdszene ist ein typisches Beispiel für das italienische Lampas-Gewebe des 14. und frühen 15. Jahrhunderts. Hierbei handelt es sich um einen luxuriösen Stoff, oft aus Seide, der durch einen besonderen Jacquard-Webprozess mit doppeltem Gewebe entsteht und die kunstvolle Fertigung dieser Zeit widerspiegelt. Die Palmette aus dem Gondelmuster ist der Motivgeber für das Logo des Deutschen Textilmuseums Krefeld. Ein Fragment des originalen Rapports befindet sich im Besitz des Textilmuseums.
Krähenmuster
Überliefert, jedoch nicht historisch bestätigt, gab es ein Krähenfeld, auf dem sich die Stadt Krefeld gründete. Der Name des Krähenmusters geht höchstwahrscheinlich auf eine der alten Bezeichnungen Krefelds zurück, z.B. Krinfelde, Creinvelt, Crenevelt oder Creyvelt. So lag es nahe, dass man eine Krähe als Symbol- und Werbefigur für die Stadt Krefeld entwickelte. Dieses geschichtsträchtige Muster präsentieren wir nun auf reinseidenen Schals und Krawatten als Erinnerung an das alte Krefeld.
Hirschmuster
Das prachtvolle Motiv, das in einem Netz von Sechseckfeldern angeordnet ist, zeigt zwei Hirsche, die aneinandergekettet auf einem blumigen Untergrund stehen. Über ihnen zieht ein Wolkenband mit Strahlenkranz, in dem zwei majestätische Greifvögel fliegen. Die einzelnen Waben des Musters sind von breiten Ornamentbändern umrahmt, die mit kleinen Blumendekoren verziert sind. Doch hinter dieser kunstvollen Gestaltung verbirgt sich eine tiefere symbolische Bedeutung, die weit über die ästhetische Ebene hinausgeht. Der Hirsch, als Symbol der Gott liebenden Seele, steht für die Sehnsucht nach göttlicher Nähe, wie im Psalm 42, Vers 2 beschrieben: „Wie der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so lechzt meine Seele, Gott, nach dir.“ Doch es ist nicht nur die christliche Symbolik, die hier zum Tragen kommt. Die kunstvolle Gestaltung der Hirsche und die floralen Ornamente tragen deutliche orientalische Einflüsse in sich. Diese kulturellen Spuren sind das Ergebnis des regen Austauschs zwischen dem Westen und dem Osten im Mittelalter, als Handelswege wie die Seidenstraße exotische Muster und Motive nach Europa brachten. Die feinen, phantasievollen Tierdarstellungen und die Art der Ornamentbänder erinnern an die kunstvollen Textilien und Muster der persischen und byzantinischen Kunst, die durch ihre präzise Detailverliebtheit und symbolische Bedeutung bestachen.
Kreismuster
Der Kreis besitzt in vielen Kulturen eine tiefgehende symbolische Bedeutung, die auch in der christlichen Tradition eine wichtige Rolle spielt. Als geometrische Figur ohne Anfang und Ende repräsentiert er das Göttliche, die Unendlichkeit und die Vollkommenheit. Diese Symbolik ist jedoch flexibel und variiert je nach Kontext und konkreter Darstellung. In der christlichen Kunst finden sich häufig Kreismotive, die in Reihen ausgeführt und harmonisch angeordnet sind. Diese Kreismotive werden häufig mit anderen geometrischen Elementen wie dem Kreuz kombiniert, um den christlichen Glauben an die Erlösung und das göttliche Heil umfassend auszudrücken. So können zwischen diesen Kreisen oft christliche Kreuze mit gegabelten und spiralförmig eingedrehten Enden erscheinen, die einen eindeutigen christlichen Bezug herstellen. Diese Kombination aus Kreis- und Kreuzsymbolik verstärkt die sakrale Aussagekraft und deutet darauf hin, dass solche Dekore speziell für den liturgischen Kontext entworfen wurden.
Löwenmuster
Im 15. Jahrhundert erlebte das Löwenmuster in der Textilkunst Italiens seine Blütezeit. In dieser Epoche wurden Seidenstoffe mit symbolischer Bedeutung häufig auch für sakrale Zwecke genutzt. Der Löwe, als König der Tiere, galt als Symbol für Gottes Macht und Herrlichkeit. Durch die Kombination aus floralen und tierischen Elementen erhielt das Muster eine tiefgehende religiöse und kulturelle Bedeutung. Dadurch war es nicht nur ästhetisch ansprechend, sondern auch symbolisch reichhaltig. Der Rapport des Löwenmusters besteht aus zwei Reihen, die eine harmonische Einheit bilden. In der ersten Reihe befindet sich ein herzförmiges Motiv, das ein männliches Löwenpaar zeigt, welches symmetrisch einen Blumenstrauß flankiert. Die Löwen sind einander abgewandt, und zwischen den einzelnen Motiven steht eine Vase mit fünf Granatäpfeln, die symbolisch für Fruchtbarkeit und Auferstehung stehen. In der zweiten Reihe erhebt sich über den Granatäpfeln eine Vase mit drei nelkenartigen Blüten. Diese Vase wird von Vögeln flankiert, deren Körper an Gänse erinnert, während ihr Kopfschmuck pfauenähnliche Züge aufweist. Große Ranken mit fünf herzförmigen Blättern umrahmen die Felder mit den Vögeln und verleihen dem Muster eine harmonische und ausgewogene Gestaltung.
Papageienmuster
Das Motiv des beschriebenen Gewebes ist in einem Spitzovalnetz aus gegenläufigen Wellenranken angeordnet, deren Berührungspunkte mit kleinen, achtfach gelappten Rosettenblüten verziert sind. In den einzelnen Feldern wechseln sich reihenweise gegenständige papageienartige Vogelpaare mit herzförmigen, geschuppten Blattmotiven ab. Diese Musteranordnung sowie einzelne Elemente, wie die achtfach gelappten Rosettenblüten, gelten als typische Merkmale italienischer Seidenstoffe aus dem 13. Jahrhundert. Ein Fragment eines entsprechenden italienischen Samitum-Gewebes, eines edlen Halbseidenstoffs aus Seide und Leinen, befindet sich im Besitz des Deutschen Textilmuseums Krefeld. Samitum zeichnet sich durch aufwendige Muster und eine glänzende Oberfläche aus und galt im Mittelalter als Symbol für Reichtum und Prestige. Häufig mit Gold- oder Silberfäden verziert, fand es Verwendung in liturgischen Gewändern und königlicher Kleidung. Ursprünglich in Byzanz und Persien gefertigt, blühte die Herstellung besonders in Venedig auf, wo byzantinische Vorbilder weiterentwickelt wurden.
Paradiesmuster
Das Paradiesmuster besticht durch seine harmonische Symmetrie, die in einander zugewandten Raubvogelpaaren unter einem strahlenden Sonnenmotiv zum Ausdruck kommt. Diese Vogelpaare werden durch elegant stilisierte Palmen getrennt, deren ausgebreitete Wedel ein kunstvoll arrangiertes Nest tragen. Aus diesem Nest entspringt ein imposanter Baum, dessen weit ausladende Zweige eine zentrale Blüte umrahmen. Unter diesem majestätischen Baum sitzt ein Schwanenpaar, das sich anmutig zueinander neigt. Das Muster zählt zu den chinesisch inspirierten Textilien, die im Italien des 14. Jahrhunderts von renommierten Seidenwebereien wie denen in Lucca, Venedig und Florenz gefertigt wurden. Trotz der offensichtlichen „heidnischen“ Symbole fand es überraschenderweise Eingang in die Symbolik der Kirche. Elemente wie Halbmonde wurden umgedeutet oder ignoriert: Der Raubvogel avancierte zum Adler, einem Symbol für Christus, das stärkste Tier der Lüfte. Die Sonne wurde als Sinnbild der Erleuchtung betrachtet, während das Schwanenpaar für ewige Treue stand. So diente dieser prachtvolle Stoff als Grundlage für liturgische Gewänder und Altarbehänge. In Krefeld wurde das Muster originalgetreu nach historischem Vorbild als feines Seidengewebe gefertigt, ganz im Einklang mit der Farbpalette der Kirche: Rot, Weiß, Schwarz, Grün und Violett. Es konnte Ton in Ton gewebt oder durch die Verwendung von Gold eindrucksvoll zweifarbig gestaltet werden, was seiner symbolischen und ästhetischen Wirkung zusätzliche Tiefe verlieh.