Haus der Seidenkultur verlängert „Muster-Meister der Seidenstadt“
Ausstellung erinnert an Prof. Zimmermann und ein Muster, das er für den „Blauen Salon“ von „Queen-Mum“ entwarf

„Muster-Meister der Seidenstadt“, heißt die aktuelle Ausstellung, die das Haus der Seidenkultur (HdS) derzeit im Südbahnhof an der Saumstraße zeigt. „Vor dem Hintergrund des großen Interesses wird die Ausstellung jetzt über den Monat Juli hinaus bis zum 22. September verlängert“, sagt Kurator Dieter Brenner. Rund 60 realistische und über 400 virtuelle Exponate erinnern an die „Niederrheinische Künstlergilde“. Deren Geschichte begann 1945 „nicht in St. Tropez, sondern arm und verborgen unter dem Bahndamm in einer kleinen, primitiven Kneipe im alten Südbahnhof der früheren Krefelder Eisenbahn“, stellte der Kunstmaler und Grafiker Heinz von der Way zum 20jährigen Bestehen des Künstlertreffs in seinem  Redemanuskript fest, das jetzt in einer Glasvitrine zu sehen ist.

Zu den Mitbegründern der Gilde gehörte Prof. Richard Zimmermann (1881 – 1956). Der Stuttgarter Kunstmaler folgte – nachdem er zuvor Rainer Maria Rilke in der Schweiz begegnete – 1906 dem Ruf an die „Königliche Webeschule für Textilindustrie“ nach Krefeld. Dreißig Jahre wirkte der dort, zwölf weitere Jahre an der Krefelder Werkkunstschule, wo er viele seiner Schüler als textile Muster-Meister prägte.

Für die Initial-Zündung der Ausstellung hatte Mitte letzten Jahres eine der letzten Schülerinnen Prof. Zimmermanns gesorgt: Dagmar Al-Ali Broich, die dem HdS eine Schenkung machte, „die – so Brenner - im wahrsten Sinne des Wortes den üblichen Rahmen sprengte:“ Es handelte sich um ein gemaltes Muster, das Pro. Zimmermann im Auftrag der „Queen Mum“ für deren „Blauen Salon“ entwarf. 1939 wurde die Auftragsarbeit der englischen Königinnen-Mutter von der VERSEIDAG umgesetzt, wo der 50 Meter lange, seidene Tapetenstoff mit dem Zimmermann-Muster gewebt wurde. Jetzt stellt es eines der Highlights der Ausstellung dar.

Weil die Stadt Krefeld vor 30 Jahren keinen Platz für die über 500 Gemälde, Zeichnungen und Studien des Professors hatte, gab Ehefrau Hertha das Vermächtnis ihres Mannes in die Obhut der hessischen Kleinstadt Braunfels. „In regelmäßigen Ausstellungen erinnern wir dort an den großen Meister“, sagte Bürgermeister Wolfgang Keller, der mit einer siebenköpfigen Delegation aus dem Luftkurort des Lahn-Dill-Kreises – wo die Zimmermanns regelmäßig ihren Urlaub verbrachten – zur Vernissage nach Krefeld kam.

Schnell kam er mit dem HdS-Vorsitzenden Hansgeorg Hauser überein, dass man „künftig gemeinsam auf Spurensuche nach weiteren Werken und Geschichten Zimmermanns gehen werde.“ Vier Ölbilder, darunter Eines, das Krefeld im Trümmerfeld des Krieges im Jahre 1945 zeigt, hatte der Bürgermeister als Leihgabe für die Ausstellung mit nach Krefeld gebracht. Ferner eine CD mit über 400 weiteren Exponaten, die im Südbahnhof als Dia-Show auf einem Flachbildschirm laufen.

Neue Exponate

Die Ausstellungsverlängerung wird um neue Exponate bereichert, die ein Krefelder Kunsthändler dem HdS zur Verfügung stellte. Darunter ein Porträt, das Tochter Erika Zimmermann von ihrem Vater anfertigte. Eine Kohlezeichnung zeigt  Haus Neuenhofen in Bockum. Das Schlösschen diente Seidenbaron Johann von der Lyen im 18. Jahrhundert als Sommerresidenz.

Ausgestellt sind ferner Werke von Hermann Kampendonk (1909 – 1994) und Heinz von der Way (1888 – 1973). Beide Künstler verdienten mit Textilgestaltung um Gebrauchsgraphik ihr Geld, „um als freie Kunstmaler arbeiten zu können“, wie es von der way einst niederschrieb.

Während Hermann Kampendonk mit Entwürfen für Dujardin sein Geld verdiente gehörten Brauereien wie Tivoli, Hannen und Rhenania zum Kundenkreis von Heinz von der Way: Sein erklärtes Werbeziel, das er 1950 in einem Schreiben an den „Arbeitsausschuss des Propaganda- und Werbeausschusses des Deutschen Brauer-Bundes“ formulierte: „Werbeziel ist es, den Trinkentschluss bei möglichst Vielen, möglichst oft herbeizuführen!“ Die Schreibmaschinenzeilen des historischen Dokumentes sind – wie in der Ausstellung zu sehen – rot unterstrichen.

Unter dem Werk (Hülser Bruch) ihres Meisters hat Dagmar Al-Ali Broich ihre eigene Kunst im Südbahnhof aufgehängt, wo die „Muster-Meister“ der Seidenstadt in der Ausstellungsverlängerung  bis zum 22. September sehen sind. Und zwar jeden 1. und 3. Sonntag im Monat jeweils von 11 bis 16 Uhr oder zum individuellen Wunschtermin nach telefonsicher Anfrage unter 510812.


 

 

 

 

Sohn Gert Kampendonk vor den Werken seines Vaters. 

 

 

 

 

Enkelin Ursula Altenähr vor den Werken ihres Opas. Das Werk oben rechts entstand 1957 und trägt den Titel: „Nasse Straße am Glockenspitz“.

 

 

 

 

Im Blitzlicht der Fotografen: Zimmermann-Schülerin Dagmar Al-Ali und Volker Zimmerschied, Kurator des Zimmermann-Vermächtnisses in Braunfels. Beide stehen vor einem Muster-Bild, das einst für die Queen-Mum entworfen wurde.

 

 

 

 

Gehen künftig auf gemeinsame Recherche: Der Bürgermeister von Braunfels, Wolfgang Keller (links) und Hansgeorg Hauser, Vorsitzender vom Haus der Seidenkultur in Krefeld.

 

 

 

 

Eine siebenköpfige Delegation aus Braunfels besuchte die Vernissage der „Muster-Meister der Seidenstadt“. Mit dabei Bürgermeister Wolfgang Keller (2.v.l) und Stadtverordneten-Vorsteher Volker Zimmerschied (3.v.r)

 

 

 

 

Prof. Zimmermann: Ein Porträt, das Tochter Erika von ihrem Vater anfertigte.