Die Webexperten aus dem Haus der Seidenkultur führten die Wuppertaler Kafka-Delegation durch das Krefelder Seidenmuseum. Unser Foto zeigt aus dem HdS (von links nach rechts) Manfred Weisters, Christian Beckers, Ina Matoni und (rechts) Dieter Blatt.
HdS-Fotos: Dieter Brenner

 

Die Webexperten der Wuppertaler „Bandweberei Kafka“ besuchten jetzt das Haus der Seidenkultur (HdS) in Krefeld. Beide Museen bewahren das kostbare Erbe des Franzosen Joseph-Marie-Jacquard, der 1806 mit der Erfindung des ersten lochkartengesteuerten Webstuhls eine neue Ära in der Textilindustrie einläutete.

 

Sowohl in Wuppertal als auch in Krefeld werden in beiden Museen noch heute die alten Jacquard-Webstühle eingesetzt; bei Kafka sogar nach wie vor für eine industrielle Produktion. Vor diesem Hintergrund benötigt man in beiden Einrichtungen Fachkräfte, die in der Lage sind die alten Webstühle zu bedienen und gegebenenfalls instand zu setzen; Fachkräfte, von denen es europaweit jedoch immer weniger gibt.

 

Daher zeigte sich die Wuppertaler Delegation bei ihrem Besuch in Krefeld überrascht, wieviel erfahrene Experten auf dem Gebiet des Webens und Patronierens als Ehrenamtler aktuell in der einstigen Paramentenweberei Hubert Gotzes – dem jetzigen HdS – noch tätig sind. So fand dann jetzt ein „spannender Ideenaustausch auf höchst museal-fachlicher Ebene statt“, wie HdS-Sprecher Dieter Brenner das „besondere Treffen“ auf den Punkt brachte. Und es wird sicherlich nicht die letzte Begegnung dieser Art gewesen sein, von dem beide Einrichtungen partizipieren.

Dieser Schlüsselanhänger – er zeigt historische Gebäude der Seidenstadt – wurde für das Krefelder Stadtjubiläum bei Kafka in Wuppertal produziert.

 

Übrigens: Bei Kafka gab das das Haus der Seidenkultur zum 650jährigen Jubiläum der Samt- und Seidenstadt einen Schlüsselanhänger (es gibt nur Eintausend davon) in Auftrag, der stilgerecht auf einem alten Jacquardwebstuhl mit 16 Bändern produziert wurde.

Patroneur Günter Göbels führte die Wuppertaler Gäste durch ein Technisches Atelier, wo einst in Krefeld Musterzeichner, Patroneur und Kartenschläger für die Textilindustrie tätig waren.

 

„Spuren der Krefelder Hochschullandschaft in Kunst und Kultur“, legt Prof. Dr. Jürgen Schram während eines Vortrags frei, den er kommenden Mittwoch, 31. Januar um 19 Uhr im Haus der Seidenkultur (HdS) hält.

Die 1855 ins Leben gerufene „Crefelder Höhere Webeschule“ und die 1904 gegründete „Handwerker- und Kunstgewerbeschule“, beide Vor­gänger­einrichtungen der heutigen Hochschule Niederrhein, waren in ihrer Zeit herausragenden innovative Bildungseinrichtungen. „Sie haben vielfältige, noch heute bedeutsame Spuren hinterlassen“, sagt Schram, der die Geschichte beider Einrichtungen und ihre Folgen in der Kultur und Kunst Krefelds in seinem Vortrag erläutert.

Der Diplom-Chemiker, der an der Hochschule Niederrhein unterrichtet, referiert im Rahmen der „Samt- und Seidenrunde“ im Museum an der Luisenstraße 15. Hier zeigt er sich an der Seite von Dr. Ulrike Denter, Kuratorin und Farbexpertin im HdS. Der Eintritt zum Vortragsabend beträgt fünf Euro.

Willkommen in 2024! Das Museums-Team ist gut ins neue Jahr gerutscht. Die Zeit „zwischen den Tagen“ haben wir einmal mehr für eine gute Verschnauf- und Kreativphase genutzt. Heißt: Die Weichen für eine ereignisreiche Zeit im Haus der Seidenkultur sind gestellt.

Aktuell zeigen wir noch bis zum 25. Februar unsere Ausstellung „Wasser + Stoff“. Wer die gewebten Bilder von Sonja Weber noch nicht gesehen und dazu die spannende textile (Ab-)Wassergeschichte – von unserer Kuratorin Dr. Ulrike Denter zusammengestellt – zur Kenntnis genommen hat, für den wird es jetzt höchste Eisenbahn…

„Gärten wie Samt und Seide“, erwarten uns übrigens in der darauffolgenden Ausstellung. Dazu haben wir die Textilkünstlerinnen Angelika Krohne und Nadja Hornisch gewinnen können. Sprichwörtlich „geplättet“ werden wir in diesem Jahr von fauchenden Bügeleisen, die… Was die so alles können und warum wir das erste Museum in der Region sind, die diese seltenen Exponate ausstellen, auch dies erfahren Sie später.

Also, bleiben Sie auch im neuen Jahr dran; dran an den Aktivitäten vom Haus der Seidenkultur. Übrigens: So sah unsere Fassade an der Luisenstraße 15 im Jahr 1969 aus. „Kinder“, wie die Zeit vergeht…

„Ich bin überwältigt vom Hintergrundwissen und davon, dass die Textilgeschichte so vielfältig ist. Es ist wunderbar, dass dieses Wissen nicht verloren geht!“ schwelgt eine der Teilnehmerinnen nach dem Webkurs „Antiker Seidenglanz neu erschaffen“, der zum zweiten Mal vom Haus der Seidenkultur (HdS) in Kooperation mit dem Deutschen Textilmuseum ausgerichtet und von der Textilarchäologin Barbara Thomas geleitet wurde.

Stoffe, die bis zu 1600 Jahre alt sind, standen im Fokus des einwöchigen Projektes, wo es alte Webkünste zu entdecken galt. Während des Kurses wurden die antiken Textilien im Deutschen Textilmuseum mit dem Mikroskop analysiert, danach webten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an modernen Handwebstühlen Probestücke in den antiken Techniken nach. „Die Technik ist nicht ganz einfach“, erklärt Thomas die spezielle Webart der Schuss-Kompositgewebe, die durch ein raffiniertes System aus unterschiedlichen Sets von Kettfäden und verschiedenfarbigen Schüssen zwei und mehrfarbige Muster erzeugt. Und weiter: „Man nennt diese Gewebe auch Taqueté und Samit“.

Alte Textilmuster zu neuem Leben erweckt: Die Teilnehmerinnen des Webkurses „Antiker Seidenglanz neu erschaffen“. In der Bildmitte (mit grünem Schal) Kursleiterin Barbara Thomas, links daneben Dr. Annette Paetz, Leiterin des Deutschen Textilmuseums.
HdS-Foto: Privat

Doch nicht nur an Handweber und interessierte Laien richtete sich der Kurs, auch Spezialisten aus der Museumswelt und der Textilrestaurierung lockte das spezielle Angebot nach Krefeld. „Gerade die Verbindung aus dem Studium der originalen Stoffe und der praktischen Arbeit im Websaal ist etwas, was den Kurs ganz besonders macht. Es fördert ein tiefes Verstehen und setzt die antiken Gewebe in einen Kontext,“ resümiert eine Teilnehmerin aus Belgien. Und tatsächlich brachte der Kurs exzellente Expertise zum Thema antiker Textilien zusammen: „Das Fachwissen, dass das Deutsche Textilmuseum seit seiner Gründung aufgebaut hat, trifft auf die traditionsreiche Weberfahrung im Haus der Seidenkultur“, bringt Dr. Ilka Wonschik (Archäologin aus der Chefetage des HdS) die Zusammenarbeit beider Einrichtungen auf den Punkt.

So arbeiteten die Gäste an der Luisenstraße 15 im historischen Ambiente des nostalgischen Websaals der einstigen Paramentenweberei Hubert Gotzes. Zwischen den imposanten Jacquard-Webstühlen stand ein Webstuhl, der extra für den Kurs modifiziert wurde und auf dem Faden für Faden das Muster von Hand manipuliert und dann mechanisch wiederholt werden konnte.

„Der Kurs eröffnet ganz neue Räume – sowohl vor Ort als auch im fachlichen Sinn!“ stellt eine andere Teilnehmerin am Ende des Kurses begeistert fest. Denn gemeinsam mit den selbst gewebten Beispielen für die komplexe Webtechnik nahmen die Gäste ein detailliertes Wissen über archäologische Textilien und die Textil-Expertise Krefelds mit nach Hause. Stolz halten am letzten Tag alle ihre selbst entworfenen und hergestellten Gewebe in der Hand, die Faszination stand vielen ins Gesicht geschrieben. Daher sagt Barbara Thomas abschließend: „Die Teilnahme am Kurs ist absolut zu empfehlen. Es war eine Offenbarung, diese Technik der antiken Gewebe im wahrsten Sinne des Wortes zu begreifen!“

Der Kurs entstand aus dem gleichnamigen Projekt, das von Dr. Annette Paetz gen. Schieck vom Deutschen Textilmuseum initiiert und dank einer Förderung der Sparkassen-Kulturstiftung Krefeld jetzt erneut realisiert werden konnte.

Die praktischen Arbeiten fanden im Haus der Seidenkultur statt, wo sich die Kursteilnehmerinnen vor einem der nostalgischen Webstühle zeigen.

Legt selbst Hand mit an: Dr. Ilka Wonschik, Archäologin aus der Chefetage des HdS.
HdS-Fotos (2): Brenner

Seidenmuseum, Klärwerk und SWK waren mit dabei

„Das war für uns ein gutes und ereignisreiches 2023“, heißt es in der Jahresbilanz aus dem Haus der Seidenkultur (HdS). „Unsere zahlreichen Aktivitäten wurden natürlich weitgehend vom 650jährigen Stadtjubiläum bestimmt“, sagt Museumssprecher Dieter Brenner, der allein an rund 50 Events erinnert, die das HdS zusammen mit dem Uerdinger Klärwerk im wahrsten Sinne des Wortes auf die Beine gestellt hat. Die Goethe-Erkenntnis „wer vieles bringt wird manchem etwas bringen“ hatte sich als Rezeptur für ein kontrastreiches Programmangebot bewährt und wurde von einer großen Publikumsschar mit Applaus honoriert.

Da war zunächst die große - von Dr. Ulrike Denter kuratierte - Leitausstellung, die Wasser und Stoff als elementare Verbindung aufwies. Dafür konnte die Münchener Textilkünstlerin Sonja Weber gewonnen werden, die sich mit ihren gewebten Bildern weit über unsere Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht hat.

Ein Teil ihrer Exponate wird noch bis zum 25. Februar im Seidenmuseum an der Luisenstraße 15 gezeigt. „Mit ihren in Regenbogen-Farben schillernden Jacquardgeweben – in denen flüchtige Bewegungselemente von Wasser und Wolken erschaffen werden – gelingt Sonja Weber ein faszinierender Spagat zwischen den Elementen Wasser und Stoff, die das Thema der Schau bestimmen“, schrieb eine begeisterte Kritikerin.

Meereswogen und Wolken sind beliebte Motive, die die Münchener Textilkünstlerin Sonja Weber in ihren Exponaten verwebt hat.

Mit ihrer Ankündigung zur 650jährigen Jahrfeier „ein bunt-kulturelles Festprogramm aus Musik, Kunst und Performance ganz nach dem Motto von uns Krefeldern für Krefeld, für unsere Gäste und Besucher“ zu präsentieren, hatten die beiden Regisseure, Hansgeorg Hauser (HdS) und Christoph Becker vom Klärwerk, nicht Zuviel versprochen. Und so fanden sich dann – wie in der Modenschau des Berufskolleg Vera Beckers – viele heimische Akteure auf jenen Brettern wieder, die die Jubiläumswelt bedeuteten.

Nicht zuletzt zahlreiche Kooperationspartner trugen zum Erfolg der Geburtstagsfeier bei. So wurde zusammen mit der SWK eine völlig neue Stadtführung aus der Taufe gehoben und sprichwörtlich auf Schiene gesetzt. Dazu stieg „Meister Ponzelar“ höchst selbst von seinem Denkmal ab und drehte die Kurbel im „Blauen Enzian“, der Straßenbahn aus Kaiser Wilhelms Zeiten. Gleich drei Sonderfahrten, an der nur glückliche – von „Fortuna“ ermittelte – Gewinner teilnehmen konnten, standen auf dem Jubiläumsfahrplan. Brenner, der einmal mehr als Stadtführer agierte, verband die Krefelder Textil- mit der Geschichte der „Elektrischen“, wie die Straßenbahn einst liebevoll im Volksmund genannt wurde.

 

Sie wurden von „Fortuna“ ermittelt: Die Teilnehmer der dritten Sonderfahrt mit dem „Blauen Enzian“, der mit „Meister Ponzelar“ an der Kurbel durch die Stadt fuhr.
Fotos: HdS

 

„Das Stadtjubiläum 650 Jahre Stadt Krefeld ist zwar vorbei, nicht aber die Erinnerung an eine große Festfolge, die (überwiegend) von Krefeldern für Krefelder gestemmt wurde“, sagt Brenner, der abschließend dezent auf eine Reihe von Produkten – wie den Vagedes-Schal – hinweist, die auch über das Jubiläum hinaus in der Seidenboutique des Museums als Andenken an 2023 zu erwerben sind.

Exquisite Seidenschals der Seidenkultur zum Fest

Die festlichen Aktivitäten zum Krefelder Stadtjubiläum klingen langsam alle aus. Erstaunlich was viele Krefelder für Krefeld im wahrsten Sinne des Wortes nicht alles auf die Beine stellten. Wir denken da in die großen Mode-Revuen, die von den Akteuren des Vera-Beckers-Berufs-Kolleg und von Schinke-Couture in Szene gesetzt wurden. Auch die gewebten Bilder der Münchener Textilkünstlerin Sonja Weber konnten sich (und noch) sehen lassen. Insgesamt waren es rund 50 Events, die allein vom Haus der Seidenkultur (HdS) und dem Uerdinger Klärwerk angeboten wurden. Doch was ist von alledem geblieben? Nur die Erinnerung an 650 Jahre Stadt Krefeld?

„Nein“, sagt Museumssprecher Dieter Brenner und rät: „Halten Sie das Jubiläum wach. Und zwar mit einzigartigen (Weihnachts-)Geschenken, die Sie sich selbst oder Ihren Lieben machen.“ Damit spricht Brenner in erster Linie die Jubiläumsschals an, die in der Seidenboutique des Museums derzeit angeboten werden.

Da wäre zunächst der Vagedes-Schal (Foto), der dem gleichnamigen Erbauer der vier Wälle gewidmet ist. Das gute und seltene Stück (ca. 70 x 220 cm) wurde in Krefeld aus Filanent-Seide und Cashmir-Wolle nach einem Entwurf der Architektin Claudia Schmidt angefertigt. Und zwar in einer limitierten Auflage von gerade mal 100 Stück. Sollte es die ZDF-Sendung „Bares für Rares“ noch in fünf Jahren geben, wird sich der Preis von 289,50 € sicherlich verdoppelt haben. Mehr Infos über diese textile Rarität gibt es hier weiter unten auf dieser Seite, wo unser Museumschef Hansgeorg Hauser sich im wahrsten Sinne des Wortes in Schale geworfen hat.

Ebenfalls ein seltenes Stück Stoff wurde in Erinnerung dem Künstler Georg Ettl gewidmet. In einem exquisiten Seidenschal wurde der Original-Entwurf „Krähen & Menschen“ von Tochter Renate Ettl webtechnikgerecht zu einem Rapport umgewandelt und farblich harmonisch dem Prêt-à-Porter-Milieu angepasst. Auch dieser Schal (Größe ca. 50 x 200 cm) wurde in einer limitierten Auflage von 100 Stück zum Preis von 89 Euro produziert.

Und auch für das kleine Portmonee behält das HdS ein nicht minder interessantes Jubiläumsangebot bereit. Und zwar einen Schlüsselanhänger für 9.90 Euro mit den Motiven der nostalgischen Skyline-Architektur der Seidenstadt. Die bekannten Symbole – darunter die Fassaden der Dionysiuskirche, des Kaiser-Wilhelm-Museums und des Rathauses – wurden um die Silhouette des Uerdinger Klärwerks erweitert. „Nicht zuletzt deshalb, weil wir mit dem Klärwerk gemeinsam viele Events zum Stadtjubiläum ausgerichtet haben“, erläutert der Museumssprecher.

Der Jubiläums-Schlüsselanhänger wurde in enger Kooperation mit dem Krefelder Stadtmarketing entwickelt. Für die technische Umsetzung hat das HdS das „Kafka-Museum“ in Wuppertal gewinnen können, dem eine Bandweberei angeschlossen ist. So wurde der Schlüsselanhänger (es gibt nur Eintausend davon) stilgerecht auf einem alten Jacquardwebstuhl mit 16 Bändern produziert.

Übrigens: Rund um die Uhr können Sie alle diese besonderen Weihnachtsgeschenke im Online-Shop des Museums ordern. Ein Klick auf folgenden Link und schon haben wir für Sie geöffnet: Vagedes-Schal im Online-Shop

Neues Büchlein von Heinz Webers enthält tollen Stoff

„Wie die Seide nach Krefeld kam“, heißt das neunte Büchlein, das Heinz Webers jetzt im Verlag der „Seidenweberei-Bücherei“ herausgegeben hat. „Die kleinen Bücher von Heinz Webers sind schon Kult und ein Muss für alle, die über verschiedene Aspekte Krefelds und der hiesigen Mundart erfahren wollen“, schrieb dazu Christian Oscar Laki in der „Westdeutschen Zeitung“. Und: „Die Keimzelle des Büchleins ist ein kleines Wörterbuch der Krefelder Mundart. So kann man etwa erfahren, was Jetau (Webstuhl), Lakaasch (Webreste) oder Schlomm (Arbeitsschütze) heißt“.

 

Zitieren wir weiter aus der WZ: „Webers schildert in Kapiteln das Leben einer Weberfamilie um die Jahrhundertwende und schreibt auch über die äußere Erscheinung des Webers. Noch viel mehr Spannendes lässt sich im Buch entdecken, etwa über Heinrich Oelhausen oder weitere Literatur zur seidigen Vergangenheit Krefelds. Aber auch Grundsätzliches wird am Anfang des Buches geklärt über Textilverarbeitung, Stoffe und natürlich Seide.“

 

In der „Rheinischen Post“ würdigt Petra Diederichs das neue Büchlein, das in enger Kooperation mit dem Haus der Seidenkultur (HdS) entstanden ist. Unter der Überschrift „von Hennefott und Jraaduutkapp“ wirft die RP-Autorin die Frage auf, ob noch eine Abhandlung über die Krefelder Stadtgeschichte nötig ist. Antwort: „Durchaus!“ Und auch Heinz Webers meint: „Es ist alles schon über Krefeld geschrieben worden. Aber es steht überall verteilt. Ich wollte das zusammenfassen; und zwar ganz kurz.“

 

Und weiter heißt es in der RP: „Die größte Stärke des kleinen Geschichtsbändchens ist die persönliche Perspektive, aus der Webers erzählt. Er hat ungezählte Quellen vom klassischen Nachschlagewerk über digitale Plattformen bis zu einem Zeitungsartikel über die Krise der Krawatte ausgewertet. Er spannt den Bogen von Gelduba im Jahr 69 nach Christus bis in die Gegenwart.

 

Bei einem Mundartabend am Mittwoch, 8. November, 19 Uhr, im HdS, Luisenstraße 15, wird Webers mit dem Büchlein aufwarten und mit seinen Mundartfreunden Texte, Musik und Lieder präsentieren. „Wie die Seide nach Krefeld kam“ kostet neun Euro und ist erhältlich im Buchhandel und im Haus der Seidenkultur.

Festtagsrede von Dr. Walter Hauser (LVR) zum 650jähr. Stadtjubiläum

Für die Auftaktveranstaltung der gemeinsamen Jubiläumsaktivitäten vom Klärwerk und HdS zum 650jährigen Krefelder Stadtjubiläum konnten die Organisatoren Dr. Walter Hauser, Leiter des LVR-Landesmuseums, für die Festtagsrede gewinnen. Am Ende seiner Ausführungen überreichte Hauser unserem Museumschef Hansgeorg Hauser und Christoph Becker vom Klärwerk die ERIH-Mitgliedsplakette. Damit ist es jetzt offiziell, dass es sich beim Haus der Seidenkultur (HdS) und dem Uerdinger Klärwerk um Industriedenkmäler handelt, die entlang der Route der Europäischen Industriedenkmäler liegen. Hier nun die festliche Ansprache des LVR-Mannes:

LVR-Repräsentant Dr. Walter Hauser (rechts) überreicht Hansgeorg Hauser (links) und Christoph Becker, die ERIH-Plakette. Damit liegen jetzt sowohl das Haus der Seidenkultur als auch das Uerdinger Klärwerk entlang der Route europäischer Industriedenkmäler.
HdS-(Film-)Foto: Dieter Brenner

„Gerne habe ich die Einladung angenommen, zur Ausstellungsvernissage im Jubiläumsjahr der Stadt Krefeld hier im Klärwerk sprechen zu dürfen. Zeigt die heutige Veranstaltung doch, wie sehr Industriekultur in Krefeld in den Köpfen und Herzen – endlich – angekommen ist, und dabei ist, zu einem lebendigen, unverzichtbaren Teil der Krefelder Kultur zu werden – vielleicht gar zu einem Stück Stadt-Identität?

Viel ist geschehen in Sachen Industriekultur in Krefeld in den letzten Jahren. Das verdankt sich weniger klugen Verwaltungen, Agenturen oder Gremien, sondern vor allem einigen hoch engagierten Menschen in Krefeld, die die Ausstrahlung und Aura von Orten wie diesem hier entdeckten, die sich davon begeistern ließen – die dann einfach machten, anpackten und andere damit ansteckten. Und die ihre Köpfe zusammenstecken und miteinander kooperieren, wie beispielhaft bei diesem heute zu eröffnenden Gemeinschaftsprojekt von Klärwerk und Haus der Seidenkultur, zwei Highlights der Industriekultur in Krefeld.

Als ich vor über 10 Jahren in diese Stadt kam, manche werden sich erinnern, da hing die Zukunft des Hauses der Seidenkultur eher noch am seidenen Faden – kaum einer, außer Hansgeorg Hauser natürlich, wollte darauf eine Wette eingehen. Ein anderes Juwel der Industriekultur, Mies van der Rohes Verseidag-Bauten, wartete noch darauf, richtig aus dem Dornröschenschlaf geweckt zu werden. Das Klärwerk in Uerdingen war höchstens ein Geheimtipp, wenn es überhaupt jemand kannte. Heute feiern wir hier ein wunderbares Stadtjubiläum und erfreuen uns an den Werken von Künstlerinnen und Künstlern, die hier anders zur Geltung kommen als etwa im White Cube eines Kunstmuseums. Nach dem pünktlichen Abschluss des ersten Teils der Sanierungsarbeiten vor wenigen Tagen ist das Klärwerk endlich ganz regulär als Veranstaltungsort nutzbar und wird das Kulturleben der Stadt sehr bereichern. Das Programm, das uns in den kommenden Wochen hier und im Haus der Seidenkultur erwartet – Ausstellungen, Konzerte und vieles mehr – ist fulminant.

Denkmale sind ja nicht um ihrer selbst willen da, auch nicht allein wegen ihrer Architektur oder besonderen Geschichte, sie müssen leben, in ihnen muss neues Leben stattfinden, durch neue Nutzungen; dann entfalten sie ihre Kraft, schaffen Räume, die uns an Vergangenes erinnern und aber dadurch uns auch zu Neuem inspirieren.

Viel ist geschehen in den letzten Jahren. Aber der Schatz der Krefelder Industriekultur ist groß und noch nicht gehoben. In NRW denkt man bei Industriekultur vielleicht zu sehr an das Ruhrgebiet, an den – zugegeben spektaktulären – „big stuff“ der Ruhrindustrie. Der verstellt uns manchmal den Blick auf andere Orte. Ich bin viel in Europa in Sachen Industriekultur unterwegs, begegne viel Aufbruchsstimmung. Hierzulande scheint mir, dass für viele, gerade im politischen Raum, Industriekultur eher als eine Sache von gestern gilt, ein Kind des Strukturwandels im Ruhrgebiet des ausgehenden 20. Jahrhunderts.

Das ist ein großes Missverständnis. Denn das was uns heute alle umtreibt, die große Transformation der fossilen Industriegesellschaft – wo, wenn nicht an den einstigen Schauplätzen dieser Industriegesellschaft, lässt sich besser verstehen und verhandeln, worum es dabei geht? Industriekultur beginnt mit dem Erinnern an das Vergangene – an die epochale Transformation des Industriezeitalters, die an Orten wie diesen stattfand, aber sie öffnet eben auch Räume für die Zukunft. Im historischen Klärwerk geht es um Wasser – zukunftsgerichteter könnte das Thema dieses Ortes nicht sein.

Industriekultur erfindet sich dabei immer wieder neu. Gerade Krefeld wird sehr unterschätzt in der Vielfalt des industriellen Erbes; Krefeld verdankt sich eben nicht wie viele der bekannten großen Industriezentren einer industriellen Monostruktur.

Zweifellos war die Samt- und Seidenindustrie das identitätsbildende Aushängeschild Krefelds, lange ihr bedeutendster Gewerbezweig – aber welche andere Textilstadt war zugleich so stark als Stahlstandort und als Chemiestandort, aufgrund ihrer Lage an der Schnittstelle von Ruhrgebiet und Niederrhein, auch an der Handelsachse des Rheins. Davon zeugen noch immer beeindruckende Bauten am Hafen, das Edelstahlwerk, die zugehörigen Siedlungen, die Verseidag-Bauten oder eben, beispielhaft für das die Stadt prägende Produktionsregime, das Haus der Seidenkultur. In Krefeld ist Bedeutendes erfunden und entwickelt worden, von Farbpigmenten über Walzen bis zu Super-Absorbern, und anders als vielerorts im Ruhrgebiet, gibt es hier auch noch reichlich lebendige Industrien, die Hightech-Textilfasern oder Hightech-ICE-Züge produzieren, und hochspezialisierten Maschinenbau, der natürlich auch in der textilen Vergangenheit seine Wurzeln hat.

Noch spannender finde ich aber, wie vielseitig das industriekulturelle Erbe der Stadt heute sich wieder mit Leben füllt. So entwickeln sich Orte für das Erinnern und das Bewahren handwerklicher Tradition; Orte, die der Stadt- und Kulturlandschaft ein Gesicht geben, Orte, die Raum für neues Gewerbe, für Wohnen, sozialen Zusammenhalt, für Tourismus und Bildung schaffen – und last not least für Kunst und Kultur. Wunderbar, wenn man so einen Ort wie den Websaal im Haus der Seidenkultur hat und daraus ein europaweit einzigartiges Museum (und, wie wir gleich sehen werden, eine ebenso eindrückliche Fotoausstellung) machen kann – vergleichbar damit auch das kleine Museum in der ehemaligen Weinbrennerei Dujardin, in der man beim Besuch meint, die Produktion müsse doch gerade erst vor kurzem geendet haben. Die Engländer nennen so etwas eine „time capsules“ – Zeitkapseln.

Oder eben die Samtweberei Mottau & Leendertz, mit ihrem innovativen, ungewöhnlichen Erhaltungs- und Nutzungskonzept, das diesen Ort zum Nukleus neuer sozialer Quartiersentwicklung macht; oder das Verseidag-Gelände, das neuen Geschäfts- und Gewerbeideen Raum bietet. Letzteres sind jedes auf seine Weise „Zukunftslabore“. Und schließlich das Klärwerk, das auf dem Weg ist, ein lebendiger Ort der Kultur, des Diskurses und der Bildung zu Fragen der Zeit zu werden. Der sich geradezu anbietet, über eines der großen drängenden Themen unserer Zeit zu sprechen, zu diskutieren, sich zu bilden: Wasser.

Kurzum – der Wahlspruch der Stadt: innovativ – kreativ – weltoffen, das passt schon ziemlich gut zu diesen industriekulturell geprägten Orten, und es passt ganz wunderbar auf die Arbeit der beiden Initiativen, die das Haus der Seidenkultur und das Klärwerk neu zum Leben erweckten.

Industriekultur also allüberall? Nun ja, so gut wie alles, was uns an Dingen heute so umgibt, ist ja letztlich ein Ergebnis industrieller Prozesse; die Art und Weise, wie wir arbeiten, selbst wie wir unsere Freizeit gestalten, sie ist zutiefst vom Industriezeitalter geprägt. Es steckt in unseren Köpfen, ist quasi allgegenwärtige kulturelle Prägung. Weil die industrielle Produktion heute oft in andere Länder abgewandert und unsichtbar geworden ist, ist uns das oft nicht mehr so richtig bewusst: die zeitweise populäre Rede vom sogenannten post-industriellen Zeitalter ist aber recht verlogen. Der globale Siegeszug industrieller Produktions- und Lebensweisen hat Kultur und Natur auf dem Planeten Erde mittlerweile freilich so tiefgreifend – und bedrohlich – geprägt und verändert, dass wir heute von einem neuen Erdzeitalter, dem Anthropozän sprechen. Industriekultur ist die Signatur dieses Zeitalters, und wenn wir diese Zeit, unsere Zeit, verstehen wollen, dann brauchen wir genau solche Orte wie diesen hier.

Ganz nebenbei ist es auch nachhaltig und Ressourcen schonend, diese Orte neu zu nutzen statt sie abzureißen.

Bürgerschaftliches Engagement

Das, was hier geleistet wurde - in erster Linie das Ergebnis eines bürgerschaftlichen Engagements -, ist bewundernswert, aber auch ein wenig typisch für Industriekultur. Und schon immer gewesen, seit ihren Anfängen in den 1970er Jahren – man denke an den Erhalt der ältesten Arbeitersiedlung des Ruhrgebiets, Eisenheim in Oberhausen, oder um die Kämpfe um die Zeche Zollern in Dortmund (das erste eingetragene Industriedenkmal in Deutschland), aber auch viele andere Juwelen, die die Kulturlandschaft in NRW heute wie selbstverständlich prägen – im Kern war Industriekultur immer und zunächst „Kultur von unten“. Wie für andere Sparten von Kunst und Kultur gilt freilich auch hier: ohne nachhaltige Unterstützung der öffentlichen Hand geht auf die Dauer nichts, Stadt und Land müssen hier ihrer Verantwortung gerecht werden.

Ich sagte vorhin, Krefeld wird unterschätzt. Nun, immerhin ist Krefeld jetzt endlich auch auf der europäischen Landkarte der Industriekultur sichtbar und mit diesen zwei wunderbaren Standorten vertreten. Sie sind beide Mitglied und ein Teil von ERIH geworden, der Europäischen Route der Industriekultur. Wenn Sie ERIH noch nicht kennen, dann schauen Sie später mal ins Netz, auf die ERIH-Webseite. Dort präsentiert sich eine der umfassendsten und aktivsten Europäischen Kulturrouten des Europarats, ein europäisches Kulturnetzwerk, das hunderte industriekulturelle Standorte in allen Ländern Europas miteinander verknüpft. Schon lange ist es mir ein Anliegen, Krefeld auf dieser Route zu verorten, und zum Schluss meines bescheidenen Beitrags heute habe ich noch die schöne Aufgabe, den beiden Standorten die druckfrisch eingetroffenen Standortplaketten zu überreichen.

Ich finde ja, dass es durchaus noch mehr Standorte in Krefeld gibt, die das Zeug dazu hätten, Standort von ERIH zu werden.

Ich will aber nicht länger von dem ablenken, was heute im Mittelpunkt stehen soll – die Kunst, die Kunstwerke, in gleich drei ganz verschiedenen Ausstellungen dreier Künstlerinnen und Künstler. Alle drei verbindet, dass sie alle sich in je eigener Weise von Prozessen und Dingen inspirieren ließen, die mit diesen Orten und mit industriellen Verfahren zu tun haben. Aber dass Industrie und Kunst zusammengehen, dass Industriekultur mit Kunst zu tun hat, die Inspiration der Kunst braucht, das sollte für eine Industriestadt, die einst so sehr vom Bauhaus inspiriert war, wie wir im Bauhaus-Jubiläumsjahr erst kürzlich gelernt haben, ja nichts Neues sein.

Vielen Dank!“

(Es galt das gesprochene Wort)

Von Chrismie Fehrmann

Klare, geometrische Formen, gradlinige und rechtwinklige Straßenzüge–der Vagedes-Plan der vier Wälle mit ihren Straßen mutet an, wie Kett- und Schussfaden, aus denen Stoffe gewebt werden. Die Architektin und Künstlerin Claudia Schmidt hatte die Idee, beides zu verbinden. Die Fachleute im Haus der Seidenkultur sorgten für die Umsetzung. Das Ergebnis ist ein wertvoller, wunderschöner Vagedes-Schal aus Seide und Kaschmir. Ein toller Beitrag zum 650. Geburtstag der Stadt.

„Die Entstehung des Schals dauerte einige Zeit, genau ein dreiviertel Jahr“, berichtet Hansgeorg Hauser, Chef im Haus der Seidenkultur, nicht ohne Stolz auf das gelungene, exklusive Werk. Die Pläne sind viel älter. „Wir haben die edelsten Fäden dazu genommen. Unsere Textilmustergestalter haben Schmidts Entwurf in ein Jacquardmuster übertragen.“

Gemeinsam mit Fachleuten einer Krefelder Weberei sei das lange, schmale und natürlich rechteckige Kleidungsstück – man denke an die Pläne des Architekten und Stadtplaners Adolph von Vagedes – gefertigt worden, berichtet er weiter. „Mit diesem exklusiven Schal werden die Träger, Frauen wie Männer, zu Botschaftern Krefelds.“

Schmidt habe auf komplexe Weise Identität geschaffen, indem sie Erinnerungen an die Geschichte Krefelds erwecke, an die Stadt, die einstmals die reichste Stadt Preußens gewesen sei, berichtet der Chef im Haus der Seidenkultur.

Der Schal ist wirklich groß und hat nicht nur in seinen Ausmaßen, sondern auch in der Qualität Format. „Er ist in einem typischen Krefelder Prozess entstanden, wie er zu Beginn des 20. Jahrhunderts ablief“, erklärt Hauser. „Es wurde gemustert, patroniert und gewebt.“

Der Schal ist 2,20 Meter lang und 70 Zentimeter breit und kann gut als wärmendes Kleidungsstück im Übergang der Jahreszeiten übergeworfen werden. Er ist in fünf verschiedenen Farbvarianten – einer kommt in allen Tönen daher – zu haben. Jede Variante ist auf 20 Stück limitiert und besitzt kurzeseidige Fransen. Hauser: „Es gibt also nur 100 Schals.“ Jeder hat seinen Preis, ist für 289,50 Euro zu haben.

Schmidt: „Wer den Schal ausbreitet, kann den Masterplan, die Zeichnung für die vier Wälle von 1819 erkennen.“ Sie hat sich auf die essenziellen Merkmale des Konzeptes von Vagedes konzentriert und den ursprünglichen Stadtgrundriss klar und in eine grafisch-schematische Darstellung übersetzt. Drei markante Punkte, der Friedrichsplatz, die St. Dionysiuskirche und der Neumarkt sind gut darauf zu erkennen.

Dieses Rechteck bildet den größten Teil des Musters. Auf einem weiteren Drittel ist ein Schriftzug eingewebt. Der „Plan von Crefeld entworfen durch A von Vagedes, königl. Regierungs- und Baurath Vermessen und gezeichnet von W. Goldammer“.

Die Buchstaben seien eine Herausforderung gewesen, erklärt die Künstlerin. „Sie sehen aus, wie in Stein gemeißelt, wie auf einer Zeichnung von vor 200 Jahren“, findet sie. „Ein Muster, einer Bordüre ähnlich, verleiht den Großbuchstaben ein besonderes Aussehen.“

Hansgeorg Hauser ist stolz auf das exklusive Werk, dessen Entstehung ein dreiviertel Jahr gedauert hat. Für die Produktion wurden die edelsten Fäden verwendet. Textilgestalter haben den Entwurf von Claudia Schmidt in ein Jacquardmuster übertragen.
Foto: Dirk Jochmann

Klärwerk und Haus der Seidenkultur präsentieren gemeinsames Festprogramm

Zum Stadtjubiläum entwickelt: Das gemeinsame Logo vom Haus der Seidenkultur und dem Uerdinger Klärwerk. Es zeigt, wie sich die Fäden der beiden historischen Einrichtungen miteinander verknüpfen.

Mit einer großen Auftaktveranstaltung zünden das historische Klärwerk in Uerdingen und das Haus der Seidenkultur (HdS) am 1. September den Countdown einer großen Festfolge zum 650jährigen Stadtjubiläum. Beide Einrichtungen präsentieren im September und Oktober rund 50 Events, „die zeigen, wer und was in Krefeld steckt“, wie Museumschef Hansgeorg Hauser und Christoph Becker vom Klärwerk „ein bunt-kulturelles Festprogramm aus Musik, Kunst und Performance ankündigen“. Alles ganz nach dem Motto: „Von uns Krefeldern für Krefeld, für unsere Gäste und Besucher!“

Bereits zum (Programm-)Start werden im Klärwerk Exponate der Textilkünstlerin Sonja Weber, des Objektkünstlers Georg Ettl und des Fotografen Manfred Grünwald gezeigt. Letzterer war mit seiner Kamera auf Motivsuche im nostalgischen Websaal der einstigen Paramentenweberei Hubert Gotzes, dem heutigen HdS, unterwegs. Alle drei Künstler verbindet sprichwörtlich ein „roter Faden“, der sich in völlig unterschiedlichen (Textil-)Arbeiten wiederfindet.

Die beiden „Denkmalverliebten“: Hansgeorg Hauser (links) und Christoph Becker.

So hat sich die Münchener Textilkünstlerin Sonja Weber mit gewebten Bildern einen Namen gemacht. Ihre Exponate werden im Rahmen der von Dr. Ulrike Denter kuratierten Ausstellung „Wasser + Stoff – eine elementare Verbindung“ zu sehen sein. Und zwar im Klärwerk bis zum 31. Oktober und in einer thematisch kompletten Ausstellung im Haus der Seidenkultur vom 10. September bis zum 25. Februar 2024. Mit ihren in Regenbogen-Farben schillernden Jacquardgeweben – in denen flüchtige Bewegungselemente von Wasser und Wolken erschaffen werden – gelingt Sonja Weber ein faszinierender Spagat zwischen den Elementen Wasser und Stoff, die das Thema der Leitausstellung bestimmen.

Ein weiterer Themenschwerpunkt ist im Klärwerk dem Bildhauer, Objekt- und Textilkünstler Georg Ettl gewidmet, der 2014 nach langer Krankheit in Viersen starb. Gezeigt werden seine Kunsteditionen aus Textil und Metall. Im Mittelpunkt stehen zwei großformatige, maschinell gewebte Arbeiten: der Wandteppich „Die Untugenden des Menschen“, der im Jahr 2002 noch zu Lebzeiten Ettls entstand, und der Wandbehang „Krähen und Menschen“ nach einem Entwurf Ettls. Dieser konnte jetzt in Zusammenarbeit mit dem HdS posthum realisiert werden. Die Silhouette der Krähe tauchte zum ersten Mal in 1997 auf, als Ettl mit der Gestaltung des Innenhofes des Kaiser-Wilhelm-Museums in Krefeld beauftragt wurde. Um den Raum zu öffnen, ersetzte der Künstler die Wände des Innenhofs durch einen einfachen, von Krähen überzogenen Zaun.

Vor den Werken von Sonja Weber stehend lösen sich die Bilder in eine gewebte Struktur auf, die in den Meereswogen und Wolken auszumachen sind.
Repros (3): HdS

Für die Auftaktveranstaltung der gemeinsamen Jubiläumsaktivitäten vom Klärwerk und HdS konnten die Organisatoren Dr. Walter Hauser, Leiter des LVR-Landesmuseums gewinnen. Ferner den Historiker und Drehbuchautor vieler WDR-Fernsehbeiträge, Helge Drafz. Den musikalischen Part bestreitet der Linner Shanty-Chor. Wer am 1. September um 17 Uhr bei alledem im Jugendstil-Klärwerk mit von der Partie sein möchte, der richte seine Anmeldung bitte per Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Eine komplette Übersicht über alle Veranstaltungsaktivitäten gibt es im Internet unter 650.klaerwerk-krefeld.org

650 Jahre Stadt Krefeld: Damit dieses Ereignis wirklich zu einem „persönlichen Schlüsselerlebnis“ wird, bietet das Haus der Seidenkultur (HdS) jetzt zum Auftakt der Festivitäten einen Schlüsselanhänger mit dem Motiv der nostalgischen Skyline-Architektur der Seidenstadt an. Die bekannten Symbole – darunter die Fassaden der Dionysiuskirche, des Kaiser-Wilhelm-Museums und des Rathauses – wurden um die Silhouette des Uerdinger Klärwerks erweitert. „Nicht zuletzt deshalb, weil wir mit dem Klärwerk gemeinsam viele Events zum Stadtjubiläum ausrichten“, wie HdS-Sprecher Dieter Brenner eine „kontrastreiche Festfolge beider Industriedenkmale“ ankündigt.

 

 

In einer dem Wuppertaler „Kafka-Museum“ angeschlossenen Bandweberei wird der Krefelder Jubiläums-Schlüsselanhänger auf einem Jacquardwebstuhl mit 16 Bändern produziert.
Fotos: HdS

 

Der Jubiläums-Schlüsselanhänger wurde in enger Kooperation mit dem Krefelder Stadtmarketing entwickelt. Für die technische Umsetzung hat HdS-Projektleiter Jürgen Schmitz das „Kafka-Museum“ in Wuppertal gewinnen können, dem eine Bandweberei angeschlossen ist. So wurde der Schlüsselanhänger stilgerecht auf einem alten Jacquardwebstuhl mit 16 Bändern produziert.

Schmitz: „Beim Gurtband haben wir uns für eine robuste, wetterfeste und extrem strapazierfähige Gurtware aus Polypropylen (PP) entschieden. Sie hat eine hohe Reißfestigkeit, ist hitze- und säurebeständig und waschbar bei 30 ° C. Das aufgenähte Band mit den Symbolen und der farbigen Gestaltung der Jubiläumsfeier ist in der Kette aus Polyester (PES) und im Schuss(-Faden) aus langfaseriger, mercerisierter, ägyptischer Baumwolle gewebt. Auch dieses Material ist waschbar“, verspricht Schmitz einen hohen Tragekomfort.

 

 

Dipl. Ing. Jürgen Schmitz sorgt als Projektleiter im Haus der Seidenkultur dafür, dass der Krefelder Jubiläums-Schlüsselanhänger sprichwörtlich unter die Leute kommt.

 

Der Krefeld-Schlüsselanhänger wurde vom HdS in einer Auflage von Eintausend Stück produziert und ist ab Mitte Mai zum Preis von 9.90 Euro an rund 20 Verkaufsstellen in der Stadt erhältlich; darunter in sämtlichen Büchereien, dem Deutschen Textilmuseum und natürlich im Haus der Seidenkultur. Dort kann der Anhänger auch online hier rund um die Uhr geordert werden.

Über den „denkmalverliebten Christoph Becker“ berichtete jetzt das WDR-Fernsehen in der „Lokalzeit“. „Becker hat das Klärwerk mit zwei Freunden gekauft; und immer, wenn Geld da ist wird es saniert“, begann Autor Helge Drafz seine Fernsehreportage. Im Beitrag mit von der Partie unser Hansgeorg Hauser, „der auch schon mal ein Industriedenkmal gerettet und daraus in Privatinitiative ein Museum gemacht hat“, wie Drafz den Zuschauern vor den Bildschirmen die Gemeinsamkeit der beiden Männer erklärte.

 

Hauser (links im Bild) zeigte sich dann auch begeistert von den Sanierungsarbeiten seines Kollegen. „Die Krefelder wissen gar nicht wieviel schöne Kleinode sie besitzen“, stellte Hauser mit Blick auf die Industriedenkmäler Klärwerk und Haus der Seidenkultur fest. Beide Einrichtungen planen gemeinsame Aktivitäten zum anstehenden Stadtjubiläum. „Daher müssen sie jetzt im Klärwerk Gas geben, damit im Spätsommer alles fertig ist“, kommentierte Drafz die Reportage über die aktuellen Baufortschritte.

Becker selbst war live im Düsseldorfer Lokalzeit-Studio, wo er nach Ausstrahlung des Filmbeitrags von Moderatorin Laura Rohrbeck interviewt wurde. Insgesamt fast zehn Minuten widmete das WDR-Fernsehen dem Beitrag aus Krefeld, „wo das Klärwerk einst als Symbol für eine moderne Stadt galt“, wie Helge Drafz abschließend feststellte. In unserer eigenen Mediathek haben wir die Sendung bei YouTube für euch eingestellt.

Handwerkskammer ehrte Handwebmeister für sein Lebenswerk

„Ich habe mein Hobby zum Beruf machen dürfen“, sagt Handwebmeister Günter Oehms, der – wie es Museumschef Hansgeorg Hauser formulierte – „zu den „Aushängeschildern vom Haus der Seidenkultur (HdS) gehört.“ Jetzt wurde der 87jährige für sein Lebenswerk mit dem Diamantenen Meisterbrief der Handwerkskammer „für ein 60 Jahre aktives, erfolgreiches Berufsleben als Meister im selten gewordenen Weberhandwerk“ ausgezeichnet. Die Verleihung des raren Dokuments nahm mit Dr. Axel Fuhrmann der Hauptgeschäftsführer der Düsseldorfer Kammer höchst selbst in der ehemaligen Paramentenweberei Hubert Gotzes – an der Luisenstraße 15 in Krefeld – vor.

„Günter Oehms ist ein Textilfachmann, der Seinesgleichen sucht“, meinte Fuhrmann in seiner Laudatio. Und: „Er ist ein Technikerexperte rund um die Maschinenbaukunst des Handwebstuhls von europäischem Rang.“ Vor diesem Hintergrund konnte unser Günter maßgeblich den Bekanntheitsgrad unseres Museums weit über die Grenzen der Samt- und Seidenstadt hinaus steigern“, griff Hauser die Worte seines Vorredners auf.

Günter Oehms – am 22. Mai 1935 in Trier geboren – trat als Ältester von drei Kindern zunächst 1949 in Manderscheid (Eifel) eine Lehre als Kaufmann an, die er drei Jahre später mit Bravour bestand.

An „seinem“ Webstuhl im Haus der Seidenkultur bekam Günter Oehms (rechts) den Diamantenen Meisterbrief vom Hauptgeschäftsführer der Düsseldorfer Handwerkskammer, Dr. Axel Fuhrmann, verliehen.    HdS-Foto: Dieter Brenner

 

Oehms: „Der Bürostuhl war nichts für mich!“

Doch schon recht schnell spürte der junge Oehms, dass er auf einem Bürostuhl nicht alt werden wolle. Vielmehr faszinierte ihn das Handwerk und hier ganz besonders die Zunft der Weber. Schon als Kind war er auf einem nahen Bauernhof mit einem Webstuhl in Berührung gekommen. 1953 setzte er dann seinen Berufswunsch in die Tat um und trat in Alf an der Mosel auf der Burg Arras eine Handweberlehre an.

Mit dem Gesellenbrief in der Hand kam er dann 1956 in die Samt- und Seidenstadt, wo er zunächst in der Krawattenfirma und Handweberei „Sugora“ eine Anstellung als junger Geselle fand.

Mit Talent und Fleiß arbeitete er sich im Unternehmen bereits als Handwerksmeister empor, noch ehe er diesen Titel 1962 offiziell verliehen bekam. Zuvor hatte er in Krefeld die Meisterschule besucht und vor der Handwerkskammer Düsseldorf die Meister-Prüfung abgelegt.

Weitere Stationen seiner beruflichen Laufbahn waren unter anderem die Firmen „Kleinod“ und „Meister-Krawatten“, wo er als Zuschneider und Teamleiter tätig war.

Als Handwerksmeister war er auch an der Werkkunstschule in Krefeld sehr gefragt, wo er parallel zu seiner beruflichen Tätigkeit in den Jahren 1965 bis 1971 als Dozent im Handweben unterrichtete.

„1994 bin ich dann in Rente gegangen worden,“ erzählt Günter Oehms, dass auch er vom Einbruch der Textilindustrie nicht verschont geblieben war. Doch auch künftig sollte der Webstuhl – Einer stand und steht nach wie vor bei ihm zu Haus - einen maßgeblichen Teil seines Lebens ausmachen.

Nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung war Dipl. Textingenieur Walter Tillmann, den Oehms zum 100jährigen Girmesjubiläum in der Oedter Albert Mooren Halle kennenlernte. Die Devise nach einem ersten Treffen wurde recht schnell herausgegeben: „Wir müssen unbedingt mal was zusammen machen!“

Aus diesem Vorsatz resultierte 1983 die Gründung des kleinen Textilmuseums „Die Scheune“ in Hinsbeck. Dort kam es schließlich zu einem (Erst-)Kontakt mit Mitgliedern vom Krefelder „Haus der Seidenkultur“, wo Günter Oehms seit der Jahrtausendwende die alten Jacquardwebstühle wieder „klappern“ lässt.

Ach ja: Zwischendurch blieb auch ein wenig Zeit für (rein) Privates: So heiratete Günter Oehms 1960 Susanne Leßmann; aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor. Dass das Familienoberhaupt auch immer mit dem Webstuhl „verheiratet“ war, dafür brachte die Familie großes Verständnis auf.

Mit Blick auf das bewegte (Berufs-)Leben des Ausgezeichneten fasste Dr. Fuhrmann in der eindrucksvollen Feierstunde zusammen: „Krefeld und das gesamte Handwerk am Niederrhein und darüber hinaus haben Günter Oehms und seinem Wirken unendlich viel zu verdanken!“

 

Biografie eines Mannes der nicht „stronzen“ will

Vielerorts war und ist Rat und Tat des Handwebmeisters sehr gefragt. Nur ungern - weil er „nicht stronzen“ (angeben) will – listet Günter Oehms an dieser Stelle einige Stationen seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten auf und nennt Einrichtungen und Orte an denen er altes Weberhandwerk in Szene setzte.

  • Flachsmuseum Wegberg in Beeck
  • Weberhaus St. Hubert (hier richtete er Webstühle ein)
  • Museum Horst (NL)
  • Heimatmuseum Hansenhof in Velden (NL)
  • Schlesierhaus Heisterbacher Rott in Bad Godesberg
  • Flachsmarkt in Krefeld-Linn
  • Gut Heimendahl in Kempen (u.a. Teilnahme am „Tag des Hofes“)
  • Kloster Himmerrod (Teilnahme am „Klostermarkt“, einem der ältesten Handwerkermärkte in der Eifel)
  • Heimatverein Viersen
  • Manderscheider Kirmes
  • Alexius-Krankenhaus Neuss (wo er fast 1 Jahr eine Therapiegruppe leitete).
  • Teilnahme an unterschiedlichen Dorffesten in der Eifel, wie die Obergöttlinger 1.200 Jahrfeier oder das Fest in Pantenburg.
Handwebmeister Günter Oehms hat im wahrsten Sinne des Wortes die Fäden fest in seiner Hand.    HdS-Foto: Brenner

Im Alter von 96 Jahren verstarb bereits am 16. Oktober die Bauhaus-Schülerin, Textildesignerin, Grafikerin, Künstlerin und Hochschullehrerin Prof. Annette Pöllmann. Diese traurige Nachricht erreichte die Öffentlichkeit in diesen Tagen aus unserem Haus der Seidenkultur (HdS), wo die Bauhaus-Ikone den Beirat des Museums mit ihren vielfältigen künstlerischen Fähigkeiten bereicherte.

Für viele war Annette Pöllmann die Bauhaus-Schülerin, die bei Georg Muche und Elisabeth Kadow studiert hatte und als Professorin an der Krefelder Textil-Ingenieurschule (später Hochschule Niederrhein) ihren Klassen höchste Qualität abverlangte. Für andere war sie die Pionierin der Seidenmalerei, die unermüdlich Schöpferische, die bei Einladungen ihre Gäste bat, die Radieschen am Büfett, weil sie so appetitlich rot leuchteten, vor dem Verzehr zu zeichnen.

2017 eröffnete Annette Pöllmann (rechts) zusammen mit Kuratorin Ulrike Denter die Ausstellung „Als die Muster laufen lernten“.

„Alle werden sich an ihre Herzenswärme, ihr unbestechliches Urteil und ihren feinen Humor erinnern“, schreibt Petra Diederichs in einem Nachruf in der Rheinischen Post. Und: „Annette Pöllmann, die sich über die Grenzen Europas hinaus einen Namen gemacht hat, war immer kreativ – bis fast in ihre letzten Tage.“ Ständig habe sie nach vorn geschaut und Neues gesucht.

Was sie vor allem jungen Menschen als Rat mit auf den Weg gab: „Leute, gebt nie auf, auch wenn ihr Niederlagen einstecken müsst!“ Und sie wusste wovon sie sprach: So musste sie als Hochschul-Absolventin auf der Suche nach einer Anstellung 113 Absagen einstecken, weil sie als „wilder Picasso“ einmal mehr mit ihren Ideen ihren Zeitgenossen wieder ein Stück voraus war.

Seit ihrer Pensionierung nutzte sie im letzten Jahrzehnt zunehmend das Haus der Seidenkultur als Plattform für ihre Textilkunst. „Als die Muster laufen lernten“ war 2017 eine ihrer letzten großen Ausstellungen, die sie zusammen mit Dr. Ulrike Denter kuratierte. Aus dieser Zusammenarbeit erwuchs eine große Freundschaft zwischen den beiden Textilschaffenden.

„Mit Annette Pöllmann wird ein großes Kapitel Krefelder Textilkultur zu Grabe getragen“, sagt unser Museumschef Hansgeorg Hauser, der noch im Mai dieses Jahres zusammen mit Pöllmann die derzeitige Ausstellung „Schillernde Perlen am seidenen Faden“ eröffnete. Die Exponate dazu stammten von ihrer Schwester Margarete Schumacher.

Die „Queen-Mum“ der Seidenkultur, wie Pöllmann würdevoll in unseren Museumskreisen genannt wurde, verbrachte die letzten Wochen im Hülser Seniorenzentrum „Bonhoeffer-Haus“. Die Beisetzung findet Mitte kommender Woche im Kreis Ihrer Familie in Ihrem Geburtsort in Iserlohn statt.

„Doch ihr Lebensweg führte Pöllmann schon früh nach Krefeld“, blättert WZ-Kulturchef Christian Oscar Gazsi Laki in der Biographie der Künstlerin, die u.a. an der Akademie in Düsseldorf freie Graphik studierte, bis sie ihr Weg 1972 als Professorin an der Fachhochschule Niederrhein in Mönchengladbach führte, wo sie im Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik mit den Schwerpunkten in der Textilgestaltung unterrichtete.

„Das Lebenswerk der vielseitig begabten Künstlerin wird im Haus der Seidenkultur immer lebendig bleiben“, heißt es im Nachruf der Trauergemeinde des Museums.

Im Haus der Seidenkultur stand Annette Pöllmann mehrfach vor der Fernsehkamera. Hier im Gespräch mit WDR-Autor Helge Drafz.
HdS-Fotos: Brenner

... bescheinigt uns einhellig die Krefelder Presselandschaft. „Die Digitalisierung im Haus der Seidenkultur schreitet voran“, schreibt Marilena Claßen Anfang August in der WZ und berichtet darüber, dass unsere Museumsbesucher zu den normalen Öffnungszeiten mit einem Tablet elektronisch durch unser Haus geführt werden können. RP-Redakteurin Petra Diederichs hat uns gar eine halbe Seite in ihrer Zeitung gewidmet. Diesen Beitrag möchten wir an dieser Stelle den Lesern unserer Web-Seite mit einem Dankeschön an die RP an dieser Stelle ungekürzt zur Verfügung stellen.

VON PETRA DIEDERICHS

Wolsig52 war vorher noch nie in der Krefelder Innenstadt. „Aber wir haben bei unserem Spaziergang festgestellt, dass es hier auch richtig nette Ecken gibt“, heißt es im Post, der beim Haus der Seidenkultur (HdS) angekommen ist. Eine von ungezählt vielen positiven Rückmeldungen, die das Team in der „ältesten Paramentenweberei Europas“, wie HdS-Sprecher Dieter Brenner gerne betont, erreichte. Seit zwei Jahren bietet das Seidenmuseum seine Stadtführung „Spaziergang auf seidenen Pfaden“ auch als Geocaching an. Diese digitale Entdeckungstour ist derart gut eingeschlagen, dass die beiden Teile ab Herbst um einen dritten aufgestockt werden. Volker Vander, selbst leidenschaftlicher Geocacher, entwickelt derzeit mit Kuratorin Ulrike Denter auch diese dritte Runde, die durch Hüls führen wird.

365 Starter haben sich in den vergangenen zwei Jahren auf die Krefelder Geocache-Tour gemacht, 350 sind beide Routen bis zum Ende gegangen. „Da die meisten Geocaching in der Gruppe betreiben, sind wohl mehr als 1000 Leute in Krefeld gelaufen“, sagt Vander, der im Hauptberuf eine Gärtnerei betreibt.

Eigentlich war die Idee eine Corona-Notgeburt. „In dieser Zeit haben wir uns gesagt, wenn die Leute nicht zu uns kommen können, müssen wir sie anders erreichen“, sagt Brenner. So wurde die beliebte Führung zur textilen Stadtgeschichte in eine digitale Schnitzeljagd umgemünzt und hat unerwartet gut eingeschlagen. Das Neun-Euro-Ticket hat noch einmal einen Boom gebracht: „Wir erreichen auch Leute von ganz woanders, die bisher nie in Krefeld waren“, so Brenner. „Einige gehen hier dann auch shoppen.“

Geocaching ist von den USA aus am 30. Mai 2000 ins Internet gegangen.„ Weltweit beteiligen sich sieben Millionen Leute an dem Spiel“, sagt Vander. Die Idee ist weitaus älter: „Im 18. Jahrhundert gab es bereits an den Gipfelkreuzen Kästchen, in denen man seine Namen hinterlassen konnte, um zu zeigen, dass man da war“, erzählt Vander. Geocaching funktioniert im Prinzip nicht anders, ist aber mit Aufgaben und Belohnungen verbunden.

Auf einer geheimen Route, deren Verlauf man sich mit gelösten Rätseln erarbeiten muss, kommt man zu einem Schatz, dem Cache. Der steckt in einer Dose - mitsamt dem sogenannten Logbuch, in das die Erfolgreichen sich eintragen. „Als Bonus gibt es im Haus der Seidenkultur noch einen Kokon, mit dem man Seide haspeln kann“, so Brenner.

An jedem Standort der Seiden-Rallye erwartet die Cacher ein Video. „Es war ein großes Glück, dass ich den Film des Hauses der Seidenkultur dafür verwerten konnte“, sagt Vander. Worum es bei den Fragen geht und welche Stationen abzulaufen sind, will er natürlich nicht verraten. Eisernes Geocacher-Gesetz. Nur so viel: Es geht auch einmal um einen rot geschriebenen Satz.

Wer das Haus der Seidenkultur persönlich besucht, kann künftig auf einen digitalen Begleiter hoffen - ein Avatar erklärt Geschichte und Handwerk und alles rund um die Seide von der Raupe bis zum feinen Stoff. Zehn Tablets stehen für Einzelbesucher bereit, die keine Führung erleben und sich nun je nach Interesse durch alle Informationen klicken können - in Bild, Ton und Text. „Auch für Gehörlose sind die Tablets geeignet“, sagt Brenner.

Die Auswahl trifft jeder individuell,insgesamt gibt es zwei Stunden Info-Programm.

Die digitale Aufrüstung verdankt das Haus der EU-Förderung für die digitale Darstellung alten Handwerks.