„Himmlische Sticheleien“ im Haus der Seidenkultur bis 6. Juni
Ausstellungsverlängerung in der Paramentenweberei

Die Ausstellung „Himmlische Sticheleien“ wird im „Haus der Seidenkultur“ (HdS) über den 18. April hinaus bis zum Sonntag, 6. Juni 2010 verlängert. „Vor dem Hintergrund des beachtlichen Erfolges und der Anfrage vieler Besuchs-Interessierter haben wir uns dazu entschlossen“, teilt das HdS mit.

Aufwändige und kostbare Stickereien auf Paramenten erinnern in der ehemaligen Paramentenweberei auf der Luisenstraße 15 in Krefeld an das einstige Berufsbild der Gebildhandstickerin. „Mit der lebendigen Präsentation und Darstellung dieses alten Handwerksberufes ist es uns gelungen, nicht nur eine Brücke aus der Vergangenheit in die Gegenwart zu bauen, sondern mit unseren Exponaten konnten wir zudem Freude aber auch Lust für die ‚Nadelmalerei’ wecken“, freut sich Kuratorin Christel Naber über den bisherigen Ausstellungsverlauf.

 


Am Erfolg waren nicht zuletzt jene Stickerinnen beteiligt, denen man bei der Ausübung ihres nostalgischen Handwerks im HdS über die Schultern schauen durfte. „Und so soll es auch an den künftigen Öffnungssonntagen sein“, meint Christel Naber, die zu den Vorführungen am 1. und 3. Sonntag eines Monats jeweils für die  Zeit von 14 bis 18 Uhr einlädt.


Rund 60 Exponate – zahlreiche Stickliteratur zum Stöbern nicht mitgerechnet - hat die Textilingenieurin und Oberstudienrätin a.D. für die „Himmlischen Sticheleien“ zusammengetragen; darunter prachtvolle Stücke, die im wahrsten Sinne des Wortes Geschichte gemacht haben, wie die alten Chormäntel, die dem HdS  von einer Kirchengemeinde im Rheinischen Braunkohlerevier (Inden, Kreis Jülich) anvertraut – und so vor den Baggern des Tagebaus gerettet – wurden.


Einige dieser seltenen Gewänder wurden vor Jahrzehnten  in der ehemaligen Paramentenweberei Hubert Gotzes in der Seidenstadt  angefertigt. „Dass die Ausstellung hier und heute in den ehemaligen Atelier-Räumen der Weberei  und damit  an einem jener authentischen Orte  gezeigt werden kann,  an denen der Beruf der Stickerin über Jahrzehnte ausgeübt wurde, verleiht den ‚Himmlischen Sticheleien’ einen ganz besonderen Reiz“, erinnert der Vorsitzende des Museumsbetriebes, Hansgeorg Hauser,  an die früheren Produktionsabläufe, als Oben in der Weberei gewebt und Unten im Atelier konfektioniert und gestickt wurde.


Zeugnisse von Stickerinnen, Gesellen- und Facharbeiterbriefe lassen einen alten Handwerksberuf aufleben. Im Umfeld der Dokumente werden die vielfältigen Handwerkszeuge der Stickerinnen gezeigt, darunter  Stickrahmen und eine Perforiermaschine; nostalgisches Equipment, das für die Herstellung liturgischer Gewänder benötigt wurde, die mit ihrer ganzen Pracht den Mittelpunkt der Ausstellung ausmachen.

Die bildliche Darstellung alter Stickereien, Altardecken, Stolen und zahlreiche gerahmte Stickereien gehören ebenfalls zu den Highlights der „Himmlischen Sticheleien“, die Peter Kaiser (MdL) vor rund 140 Gästen eröffnete. Als Landes- und Kommunalpolitiker und nicht zuletzt als Handwerksobermeister hatte Kaiser gleich mehrere gute Gründe, an jenen authentischen Ort zu kommen, wo altes Handwerk lebendig präsentiert und an die „spannende textile Geschichte der Seidenstadt erinnert wird.“

 

MdL Peter Kaiser: Alles tun, damit das Kleinod erhalten bleibt!

Für Kaiser steht fest, dass auch in Zeiten leerer Haushaltskassen „alles getan werden muss, damit dieses Kleinod erhalten bleibt.“ Einmal mehr sprach Kaiser davon, dass der Gedanke, in direkter Nachbarschaft zum HdS (und zwar im Gebäude der Handwerksinnung auf der Hansastraße) ein Gewerbemuseum einzurichten, weiter verfolgt werden sollte.


Kaiser wörtlich: „Ich teile die in der Presse publizierte Auffassung Herrn Hausers, dass sich in direkter Nachbarschaft vom HdS beide Einrichtungen gewissermaßen unter einem Organisations-Dach  zu einem Kreativzentrum vereinen und von ihren Synergieeffekten profitieren könnten.“ Man hätte somit auf der einen Seite den authentischen Standort der Paramentenweberei Hubert Gotzes; und auf der anderen Seite die komprimierte Geschichte des Krefelder Gewerbe und Handwerks; und somit eine Einrichtung, die insgesamt beste Chancen besäße sich in der Krefelder Kulturlandschaft zu etablieren.


Unter den Gästen der Vernissage weilte auch der neue Krefelder Vize-Bürgermeister Frank Meyer (SPD), der als Sohn eines Webers großes Interesse für die Geschichte der Paramentenweberei zeigte und sich unter anderem von Helga Maus, der letzten Chefin des Unternehmens, die Exponate erklären ließ. Für Helga Maus war die Vernissage zugleich ein Wiedersehen mit einigen ihrer ehemaligen Stickerinnen, die nach Jahrzehnte wieder an ihren alten Arbeitsplatz zurückgekommen waren.
Eine von ihnen, Josey Niehs, geb. Cammans, erinnert sich an jene Zeiten: „Ich habe es hier wirklich gut gehabt!“ Josy Niehs hat ihre Lehre als Gebildhandstickerin bei Gotzes begonnen, war drei Jahre später fertig und hat dann noch weitere vier Jahre hier gearbeitet. Damals war eine Mitarbeiterin für eines der Stücke ganz und gar zuständig: Muster entwerfen, zuschneiden, sticken, nähen, Borten aufsetzen. Das konnte schon mal acht Monate dauern, bis so ein Priestergewand fertig war.


In der Ausstellung sind die Ehemaligen auf einem Foto abgebildet, das zum 50jährigen Betriebsjubiläum im Jahre 1955 aufgenommen wurde und – ebenso wie viele Exponate – an die große Ära der Paramentenweberei erinnert.

 

 

 

 

 

Kuratorin Christel Naber (Bildmitte) freut sich über Zeitzeugen der Gotzes-Ära: Mit Helga Maus (links) weilte die letzte Chefin des Unternehmens bei der Vernissage. Wilma Ingendae gehörte zur Riege der ehemaligen Stickerinnen, die auch mit einigen Exponaten bei den „Himmlischen Sticheleien“ vertreten ist.

Foto: HdS