Handwerkskammer ehrte Handwebmeister für sein Lebenswerk

„Ich habe mein Hobby zum Beruf machen dürfen“, sagt Handwebmeister Günter Oehms, der – wie es Museumschef Hansgeorg Hauser formulierte – „zu den „Aushängeschildern vom Haus der Seidenkultur (HdS) gehört.“ Jetzt wurde der 87jährige für sein Lebenswerk mit dem Diamantenen Meisterbrief der Handwerkskammer „für ein 60 Jahre aktives, erfolgreiches Berufsleben als Meister im selten gewordenen Weberhandwerk“ ausgezeichnet. Die Verleihung des raren Dokuments nahm mit Dr. Axel Fuhrmann der Hauptgeschäftsführer der Düsseldorfer Kammer höchst selbst in der ehemaligen Paramentenweberei Hubert Gotzes – an der Luisenstraße 15 in Krefeld – vor.

„Günter Oehms ist ein Textilfachmann, der Seinesgleichen sucht“, meinte Fuhrmann in seiner Laudatio. Und: „Er ist ein Technikerexperte rund um die Maschinenbaukunst des Handwebstuhls von europäischem Rang.“ Vor diesem Hintergrund konnte unser Günter maßgeblich den Bekanntheitsgrad unseres Museums weit über die Grenzen der Samt- und Seidenstadt hinaus steigern“, griff Hauser die Worte seines Vorredners auf.

Günter Oehms – am 22. Mai 1935 in Trier geboren – trat als Ältester von drei Kindern zunächst 1949 in Manderscheid (Eifel) eine Lehre als Kaufmann an, die er drei Jahre später mit Bravour bestand.

An „seinem“ Webstuhl im Haus der Seidenkultur bekam Günter Oehms (rechts) den Diamantenen Meisterbrief vom Hauptgeschäftsführer der Düsseldorfer Handwerkskammer, Dr. Axel Fuhrmann, verliehen.    HdS-Foto: Dieter Brenner

 

Oehms: „Der Bürostuhl war nichts für mich!“

Doch schon recht schnell spürte der junge Oehms, dass er auf einem Bürostuhl nicht alt werden wolle. Vielmehr faszinierte ihn das Handwerk und hier ganz besonders die Zunft der Weber. Schon als Kind war er auf einem nahen Bauernhof mit einem Webstuhl in Berührung gekommen. 1953 setzte er dann seinen Berufswunsch in die Tat um und trat in Alf an der Mosel auf der Burg Arras eine Handweberlehre an.

Mit dem Gesellenbrief in der Hand kam er dann 1956 in die Samt- und Seidenstadt, wo er zunächst in der Krawattenfirma und Handweberei „Sugora“ eine Anstellung als junger Geselle fand.

Mit Talent und Fleiß arbeitete er sich im Unternehmen bereits als Handwerksmeister empor, noch ehe er diesen Titel 1962 offiziell verliehen bekam. Zuvor hatte er in Krefeld die Meisterschule besucht und vor der Handwerkskammer Düsseldorf die Meister-Prüfung abgelegt.

Weitere Stationen seiner beruflichen Laufbahn waren unter anderem die Firmen „Kleinod“ und „Meister-Krawatten“, wo er als Zuschneider und Teamleiter tätig war.

Als Handwerksmeister war er auch an der Werkkunstschule in Krefeld sehr gefragt, wo er parallel zu seiner beruflichen Tätigkeit in den Jahren 1965 bis 1971 als Dozent im Handweben unterrichtete.

„1994 bin ich dann in Rente gegangen worden,“ erzählt Günter Oehms, dass auch er vom Einbruch der Textilindustrie nicht verschont geblieben war. Doch auch künftig sollte der Webstuhl – Einer stand und steht nach wie vor bei ihm zu Haus - einen maßgeblichen Teil seines Lebens ausmachen.

Nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung war Dipl. Textingenieur Walter Tillmann, den Oehms zum 100jährigen Girmesjubiläum in der Oedter Albert Mooren Halle kennenlernte. Die Devise nach einem ersten Treffen wurde recht schnell herausgegeben: „Wir müssen unbedingt mal was zusammen machen!“

Aus diesem Vorsatz resultierte 1983 die Gründung des kleinen Textilmuseums „Die Scheune“ in Hinsbeck. Dort kam es schließlich zu einem (Erst-)Kontakt mit Mitgliedern vom Krefelder „Haus der Seidenkultur“, wo Günter Oehms seit der Jahrtausendwende die alten Jacquardwebstühle wieder „klappern“ lässt.

Ach ja: Zwischendurch blieb auch ein wenig Zeit für (rein) Privates: So heiratete Günter Oehms 1960 Susanne Leßmann; aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor. Dass das Familienoberhaupt auch immer mit dem Webstuhl „verheiratet“ war, dafür brachte die Familie großes Verständnis auf.

Mit Blick auf das bewegte (Berufs-)Leben des Ausgezeichneten fasste Dr. Fuhrmann in der eindrucksvollen Feierstunde zusammen: „Krefeld und das gesamte Handwerk am Niederrhein und darüber hinaus haben Günter Oehms und seinem Wirken unendlich viel zu verdanken!“

 

Biografie eines Mannes der nicht „stronzen“ will

Vielerorts war und ist Rat und Tat des Handwebmeisters sehr gefragt. Nur ungern - weil er „nicht stronzen“ (angeben) will – listet Günter Oehms an dieser Stelle einige Stationen seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten auf und nennt Einrichtungen und Orte an denen er altes Weberhandwerk in Szene setzte.

  • Flachsmuseum Wegberg in Beeck
  • Weberhaus St. Hubert (hier richtete er Webstühle ein)
  • Museum Horst (NL)
  • Heimatmuseum Hansenhof in Velden (NL)
  • Schlesierhaus Heisterbacher Rott in Bad Godesberg
  • Flachsmarkt in Krefeld-Linn
  • Gut Heimendahl in Kempen (u.a. Teilnahme am „Tag des Hofes“)
  • Kloster Himmerrod (Teilnahme am „Klostermarkt“, einem der ältesten Handwerkermärkte in der Eifel)
  • Heimatverein Viersen
  • Manderscheider Kirmes
  • Alexius-Krankenhaus Neuss (wo er fast 1 Jahr eine Therapiegruppe leitete).
  • Teilnahme an unterschiedlichen Dorffesten in der Eifel, wie die Obergöttlinger 1.200 Jahrfeier oder das Fest in Pantenburg.
Handwebmeister Günter Oehms hat im wahrsten Sinne des Wortes die Fäden fest in seiner Hand.    HdS-Foto: Brenner