Das Haus der Seidenkultur (HdS) trauert um seinen Handwebmeister Günter Oehms, der Freitag, 21. Juni 2024, im Alter von 89 Jahren verstarb. „Mit großer Bestürzung haben wir diese Nachricht zur Kenntnis genommen“, sagt Museumschef Hansgeorg Hauser. Und: „Oehms war über zwei Jahrzehnte einer der Pioniere und Aushängeschilder unseres Museums.“ Mit seinem Fachwissen und ehrenamtlichen Engagement habe er maßgeblich mit dazu beigetragen, dass die einstige Paramentenweberei Hubert Gotzes eine museale Zukunft gefunden hat. Von daher werde „sein Name in der Biographie des Museums fest eingemeißelt sein, wo er sozusagen die Fundamente mit gegossen hat.“

„Ich habe meinen Beruf zu meinem Hobby gemacht“, meinte Günter Oehms in einem seiner letzten Interviews, dass er anlässlich der Verleihung des Diamantenen Meisterbriefes im Dezember 2022 gab. Die Verleihung des raren Dokuments nahm mit Dr. Axel Fuhrmann der Hauptgeschäftsführer der Düsseldorfer Kammer höchst selbst vor, der Oehms „für ein 60 Jahre aktives, erfolgreiches Berufsleben als Meister im selten gewordenen Weberhandwerk“ auszeichnete.

Am 22. Mai 1935 in Trier geboren, war es für den Ältesten (von drei Kindern) üblich erst einmal eine Lehre als Kaufmann anzutreten, die er dann auch 1949 in Manderscheid (Eifel) begann und drei Jahre später mit Bravour bestand.

Handwebmeister Günter Oehms in seinem Element.        HdS-Fotos: Brenner

 

Auf einem Bürostuhl
werde ich nicht alt!

Doch schon recht schnell spürte der junge Oehms, dass er auf einem Bürostuhl nicht alt werden wolle. Vielmehr faszinierte ihn das Handwerk und hier ganz besonders die Zunft der Weber. Schon als Kind war er auf einem nahen Bauernhof mit einem Webstuhl in Berührung gekommen. 1953 setzte er dann seinen Berufswunsch in die Tat um und trat in Alf an der Mosel auf der Burg Arras eine Handweberlehre an.

Mit dem Gesellenbrief in der Hand kam er dann 1956 in die Samt- und Seidenstadt, wo er zunächst in der Krawattenfirma und Handweberei „Sugora“ eine Anstellung als junger Geselle fand. Mit Talent und Fleiß arbeitete er sich im Unternehmen bereits als Handwerksmeister empor, noch ehe er diesen Titel 1962 offiziell verliehen bekam. Zuvor hatte er in Krefeld die Meisterschule besucht und vor der Handwerkskammer Düsseldorf die Meister-Prüfung abgelegt.

Weitere Stationen seiner beruflichen Laufbahn waren unter anderem die Firmen „Kleinod“ und „Meister-Krawatten“, wo er als Zuschneider und Teamleiter tätig war. Als Handwerksmeister war er auch an der Werkkunstschule in Krefeld sehr gefragt, wo er parallel zu seiner beruflichen Tätigkeit in den Jahren 1965 bis 1971 als Dozent im Handweben unterrichtete.

„1994 bin ich dann in Rente gegangen worden,“ erzählte Günter Oehms, dass auch er vom Einbruch der Textilindustrie nicht verschont blieb. Doch auch künftig sollte der Webstuhl – Einer stand immer bei ihm zu Haus - einen maßgeblichen Teil seines Lebens ausmachen. Nicht ganz unschuldig an dieser Entwicklung war der Dipl. Textingenieur Walter Tillmann, den Oehms zum 100jährigen Girmesjubiläum in der Oedter Albert Mooren Halle kennenlernte. Die Devise nach einem ersten Treffen wurde recht schnell herausgegeben: „Wir müssen unbedingt mal was zusammen machen!“

Aus diesem Vorsatz resultierte 1983 die Gründung des kleinen Textilmuseums „Die Scheune“ in Hinsbeck. Dort kam es schließlich zu einem (Erst-)Kontakt mit Mitgliedern vom Krefelder „Haus der Seidenkultur“, wo Günter Oehms seit der Jahrtausendwende die alten Jacquardwebstühle wieder „klappern“ lässt.

Eine seiner letzten Auszeichnungen: Günter Oehms erhält den Diamantenen Meisterbrief, den Dr. Axel Fuhrmann, Hauptgeschäftsführer der Düsseldorfer Handelskammer, im Dezember 2022 dem Handwebmeister verlieh.

 

Die Oehms-Biographie

Aber auch anderen Orts war Rat und Tat des Handwebmeisters sehr gefragt. Nur ungern - weil er „nicht stronzen“ will – listetete Günter Oehms an dieser Stelle einige Stationen seiner ehrenamtlichen Tätigkeiten auf und nannte Einrichtungen und Orte an denen er altes Weberhandwerk in Szene setzte.

  • Flachsmuseum Wegberg in Beeck

  • Weberhaus St. Hubert (hier richtete er Webstühle ein)

  • Museum Horst (NL)

  • Heimatmuseum Hansenhof in Velden (NL)

  • Schlesierhaus Heisterbacher Rott in Bad Godesberg

  • Flachsmarkt in Krefeld-Linn

  • Gut Heimendahl in Kempen (u.a. Teilnahme am „Tag des Hofes“)

  • Kloster Himmerrod (Teilnahme am „Klostermarkt“, einem der ältesten Handwerkermärkte in der Eifel)

  • Heimatverein Viersen

  • Manderscheider Kirmes

  • Alexius-Krankenhaus Neuss (wo er fast 1 Jahr eine Therapiegruppe leitete).

  • Teilnahme an unterschiedlichen Dorffesten in der Eifel, wie die Obergöttlinger 1.200 Jahrfeier oder das Fest in Pantenburg.

Neben den vielen textilen Museen und heimatkundlichen Einrichtungen ist auch die VHS als einer der Einsatzorte des Handwebers Günter Oehms zu nennen. Nicht zuletzt versuchte er auch dort, Ausschau nach Nachwuchs für den auszusterben drohenden Handwerksberuf zu finden.

Ach ja: Zwischendurch blieb auch ein wenig Zeit für (rein) Privates: So heiratete Günter Oehms 1960 Susanne Leßmann; aus dieser Ehe gingen drei Kinder hervor. Dass das Familienoberhaupt auch immer mit dem Webstuhl „verheiratet“ war, dafür brachte die Familie großes Verständnis auf. Jetzt wird Günter Oehms seinen alten Webstühlen kein Schipp-Schapp mehr entlocken können, weil sein bewegtes und erfülltes Leben ein Ende fand.