„Ein Avatar führt bald durch das „Seidenmuseum“ titelt die WZ in ihrer Ausgabe vom 16. März 2022 auf der Seite „Kultur in Krefeld“. Kulturchef Christian Oscar Gazsi Laki stellt fest: „Das Haus der Seidenkultur macht sich fit für die digitale Zukunft“. Das positive Echo des Beitrages, der sich mit dem „Mingei“-EU-Projekt beschäftigt, kommt auch aus dem Ausland, wo die am Projekt beteiligten Personen aufmerksam nach Krefeld blicken, wo in Kürze das Finale der erwähnten Maßnahme ansteht. Der halbseitige Artikel bringt den Leser auf den Stand der Dinge; ein Grund mehr den Beitrag hier in ungekürzter Form zu veröffentlichen:

Von Christian Oscar Gazsi Laki

Es ist vielleicht etwas überraschend – oder dann doch auch nicht –, dass just ein recht kleines privat geführtes Museum in Krefeld zu den digital umtriebigsten der Stadt gehört. Und damit ist nicht lediglich die ohnehin ansprechende Webseite des Hauses der Seidenkultur Krefeld in der einstigen Paramentenweberei Hubert Gotzes, gemeint. Eine professionellwirkende und informative Internetpräsenz ist für ein Museum, egal welcher Couleur, heute eigentlich ein Minimum. Wobei es bei anderen Museen da noch bisweilen an der einen oder anderen Stelle Nachbesserungspotenzial geben mag, aber das ist eine andere lange Geschichte auf einem sehr weiten Feld. Auch, dass man trotz der sympathischen „handgemachten“ Atmosphäre im Hause selbst und auch auf den Videos beispielsweise regelmäßig Ausstellungseröffnungen streamt (auch im Nachgang auf Youtube abrufbar) ist noch recht „normal“.

Spektakulär wird es, wenn man Begriffe wie Avatar, Digitalisierung und Co. von Dieter Brenner hört. Der quirlige gute Geist im Haus bezeichnet sich übrigens gerne scherzhaft als „Schwadroneur“ in Anlehnung an den Handwerksberuf des „Patroneurs“, die Mustervorlagen für Gewebe fertigten. Und das Charisma dieses älteren Herrn, der mit Leidenschaft durch die Geheimnisse des Seidenmuseums führt und Menschen für die traditionelle Handwerkskunst der Seidenweberei begeistert, wird zukünftig auch digital erlebbar sein. Dies ist möglich durch ein EU-Projekt mit dem Namen „Mingei“, bei dem das Haus der Seidenkultur mitmachen darf und das als Ziel hat, „sowohl die materiellen wie auch immateriellen Aspekte von alten Handwerken zu digitalisieren und das entsprechende Wissen zu übertragen. Dies bezieht sich auf die Darstellung, Erhaltung und Zugänglichkeit des Handwerks als Kulturerbe“ – so auf der Projekt-Webseite nachzulesen.

„Unser Museum soll man auch zukünftig mit Freude entdecken können“, bekräftigt Brenner, den es als „Avatar“ versehen mit seiner Stimme geben wird. Für Einzelbesucher soll es bald (um April herum) 20 Tablets geben, mit deren Hilfe „der Avatar“ mit Brenners Stimme durch das Museum führt. An einzelnen Info-Points gibt es weiteres Wissenswertes in Wort und Bild. „Wir wollen attraktiv sein für den Einzelbesucher“ – sagt Brenner. Der übliche Weg, das Haus zu besuchen, sei bislang in Form von gebuchten Gruppen, die durch die Räume des Museums geführt werden. Einzelne Museumsgäste sollen „nicht im Regen stehen gelassen werden.“

Ein Avatar mit Dieter Brenners Stimme führt Einzelbesucher bald durch das Haus der Seidenkultur. Foto: Mingei-Projekt

Ein wichtiger Schritt ist das Mingei-Projekt im Rahmen von „Horizon 2020“, das über den Avatar-Museumsguide weit hinaus geht. Es werden Paramente, Priestergewänder, die ihrerzeit in der Weberei in der Luisenstraße 15 gefertigt wurden, digitalisiert, die „Seidengeschichte“ aber auch das „Handwerk“ digital dokumentiert. Etwa durch ein „Motion-capture Verfahren“ – also eine digitalisierte Bewegungsaufzeichnung, wie man sie sonst auch in Hollywood-Filmen verwendet, um computergenerierte Figuren mit „Leben“ zu füllen – wurde das Handwerk von Patroneur Dieter Blatt für die Ewigkeit festgehalten. Das gesamte Projekt ist mit 102 000 Euro veranschlagt, 85 000 Euro seien schon bewilligt, berichtet Brenner. Es gäbe noch eine Reihe von Dingen, die auf der Wunschliste des Museums stünden, gibt es zu – und dass es bei ehrenamtlich betriebenen Museen, wie das Haus der Seidenkultur es überwiegend ja sei, durchaus nicht trivial sei, sich in Förderstrukturen der EU einzufügen.

Museum hat auch viele „analoge“ Pläne für kommende Zeit

Aber das Haus der Seidenkultur hat auch zahlreiche „analoge“ Pläne. So sei man guter Dinge, dass es zu Pfingsten wieder eine Beteiligung am Flachsmarkt geben werde. Mit einem Plan A und einem Plan B, denn falls die Präsentation beim Markt aus Coronagründen etwa nicht gelingen könne, so wolle man zumindest eine kleine Version im eigenen Haus ermöglichen. Aber auch spricht Dieter Brenner gerne über die Pläne des Hauses für das Stadtjubiläum 2023. Denn immerhin braucht das Vorlaufzeit – die Stadt übrigens hält sich da aktuell noch etwas bedeckt, verspricht aber bald die Öffentlichkeit zu informieren. „Für das Stadtjubiläum haben wir einen sehr interessanten Kooperationspartner gefunden“, schwärmt Brenner. Das Alte Klärwerk und die wirklich fleißigen Denkmal-Schützer vom Verein zum Erhalt des historischen Klärwerks in Krefeld Uerdingen. Mit dem Verein plant man mehrere Projekte. Eine große Ausstellung etwa mit der Künstlerin Sonja Weber, die großformatige Arbeiten mit textilem Bezug zeigen wird. Kleinere Exponate sollen parallel im Seidenmuseum gezeigt werden. Auch ist eine Modenschau in Planung, die am Klärwerk stattfinden soll – doch das sei noch in Vorbereitung.