„Ich bin überwältigt vom Hintergrundwissen und davon, dass die Textilgeschichte so vielfältig ist. Es ist wunderbar, dass dieses Wissen nicht verloren geht!“ schwelgt eine der Teilnehmerinnen nach dem Webkurs „Antiker Seidenglanz neu erschaffen“, der zum zweiten Mal vom Haus der Seidenkultur (HdS) in Kooperation mit dem Deutschen Textilmuseum ausgerichtet und von der Textilarchäologin Barbara Thomas geleitet wurde.

Stoffe, die bis zu 1600 Jahre alt sind, standen im Fokus des einwöchigen Projektes, wo es alte Webkünste zu entdecken galt. Während des Kurses wurden die antiken Textilien im Deutschen Textilmuseum mit dem Mikroskop analysiert, danach webten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an modernen Handwebstühlen Probestücke in den antiken Techniken nach. „Die Technik ist nicht ganz einfach“, erklärt Thomas die spezielle Webart der Schuss-Kompositgewebe, die durch ein raffiniertes System aus unterschiedlichen Sets von Kettfäden und verschiedenfarbigen Schüssen zwei und mehrfarbige Muster erzeugt. Und weiter: „Man nennt diese Gewebe auch Taqueté und Samit“.

Alte Textilmuster zu neuem Leben erweckt: Die Teilnehmerinnen des Webkurses „Antiker Seidenglanz neu erschaffen“. In der Bildmitte (mit grünem Schal) Kursleiterin Barbara Thomas, links daneben Dr. Annette Paetz, Leiterin des Deutschen Textilmuseums.
HdS-Foto: Privat

Doch nicht nur an Handweber und interessierte Laien richtete sich der Kurs, auch Spezialisten aus der Museumswelt und der Textilrestaurierung lockte das spezielle Angebot nach Krefeld. „Gerade die Verbindung aus dem Studium der originalen Stoffe und der praktischen Arbeit im Websaal ist etwas, was den Kurs ganz besonders macht. Es fördert ein tiefes Verstehen und setzt die antiken Gewebe in einen Kontext,“ resümiert eine Teilnehmerin aus Belgien. Und tatsächlich brachte der Kurs exzellente Expertise zum Thema antiker Textilien zusammen: „Das Fachwissen, dass das Deutsche Textilmuseum seit seiner Gründung aufgebaut hat, trifft auf die traditionsreiche Weberfahrung im Haus der Seidenkultur“, bringt Dr. Ilka Wonschik (Archäologin aus der Chefetage des HdS) die Zusammenarbeit beider Einrichtungen auf den Punkt.

So arbeiteten die Gäste an der Luisenstraße 15 im historischen Ambiente des nostalgischen Websaals der einstigen Paramentenweberei Hubert Gotzes. Zwischen den imposanten Jacquard-Webstühlen stand ein Webstuhl, der extra für den Kurs modifiziert wurde und auf dem Faden für Faden das Muster von Hand manipuliert und dann mechanisch wiederholt werden konnte.

„Der Kurs eröffnet ganz neue Räume – sowohl vor Ort als auch im fachlichen Sinn!“ stellt eine andere Teilnehmerin am Ende des Kurses begeistert fest. Denn gemeinsam mit den selbst gewebten Beispielen für die komplexe Webtechnik nahmen die Gäste ein detailliertes Wissen über archäologische Textilien und die Textil-Expertise Krefelds mit nach Hause. Stolz halten am letzten Tag alle ihre selbst entworfenen und hergestellten Gewebe in der Hand, die Faszination stand vielen ins Gesicht geschrieben. Daher sagt Barbara Thomas abschließend: „Die Teilnahme am Kurs ist absolut zu empfehlen. Es war eine Offenbarung, diese Technik der antiken Gewebe im wahrsten Sinne des Wortes zu begreifen!“

Der Kurs entstand aus dem gleichnamigen Projekt, das von Dr. Annette Paetz gen. Schieck vom Deutschen Textilmuseum initiiert und dank einer Förderung der Sparkassen-Kulturstiftung Krefeld jetzt erneut realisiert werden konnte.

Die praktischen Arbeiten fanden im Haus der Seidenkultur statt, wo sich die Kursteilnehmerinnen vor einem der nostalgischen Webstühle zeigen.

Legt selbst Hand mit an: Dr. Ilka Wonschik, Archäologin aus der Chefetage des HdS.
HdS-Fotos (2): Brenner